Die Politik reagiert aktionistisch auf hohe Benzinkosten. Gefragt ist jedoch mehr Ehrlichkeit, meint Roland Pichler.

Berlin - Es ist kein speziell deutsches Phänomen, dass sich Politiker vor allem vor Wahlen für Benzinpreise interessieren. Nicht nur hier zu Lande wird über hohe Spritkosten diskutiert. Auch in den USA sind die hohen Energiepreise ein wichtiges Thema im Präsidentschaftswahlkampf. Überall auf der Welt müssen die Menschen an der Zapfsäule mehr bezahlen. Das sind für Verbraucher empfindliche Belastungen. Auf Wirtschaftskonferenzen wird schon darüber debattiert, ob die hohen Energiepreise die globalen Wachstumsaussichten eintrüben. Davon kann die Politik die Augen natürlich nicht verschließen. Andererseits hilft Aktionismus nicht.

 

Wirtschaftsminister Philipp Rösler (FDP) macht es sich zu einfach. Der liberale Parteichef hat seinen Willen bekundet, die Entfernungspauschale anzuheben. Die Bundesregierung ist in diesem Punkt zerstritten. Zwar stößt auch der CDU-Umweltminister und nordrhein-westfälische Spitzenkandidat Norbert Röttgen ins gleiche Horn, doch am Widerstand des Finanzministers und wohl auch der Kanzlerin kommen Röttgen und Rösler nicht vorbei. Wolfgang Schäuble will die Etatsanierung nicht aufs Spiel setzen. Weil Rösler hier nicht weiterkommt, ließ er sich jetzt im Kabinett den Plan absegnen, eine neue Einheit beim Bundeskartellamt einzurichten, die für mehr Klarheit auf dem Spritmarkt sorgen soll. Das ist nicht mehr als Polittheater: ein hilfloser Versuch, den Verbrauchern Lösungen vorzugaukeln, die es nicht gibt. Eine neue Dienststelle, denen die Tankstellenpächter regelmäßig ihre Preise melden, wird nichts ausrichten.

Millionen von Preisbewegungen ausgewertet

An Daten herrscht kein Mangel. Das Bundeskartellamt wertete in den vergangenen Jahren Millionen von Preisbewegungen aus, um nachzuprüfen, ob die Mineralölkonzerne ihre marktbeherrschende Stellung ausnutzen. Ergebnis: Das Kartellamt konnte diesen Nachweis nicht führen. Es ist zwar richtig, dass auf dem Benzin- und Dieselmarkt eine oligopolistische Struktur herrscht. Einige wenige Konzerne haben dort das Sagen. Dennoch konnte ein Marktmissbrauch nie nachgewiesen werden. Die neue Datensammelwut des Wirtschaftsministers wird schon deshalb ins Leere laufen, weil die Konzerne sofort reagieren, wenn Konkurrenten auf der gegenüberliegenden Straßenseite ihre Preise senken. Dass sich Preise rasch anpassen, spricht nicht gegen mangelnde Transparenz.

Die Ursachen für die hohen Spritpreise sind andere: Sie liegen zum einen in dem schwelenden Konflikt mit dem Iran begründet. Das Embargo der westlichen Welt nährt die Spekulation auf eine Verknappung des Rohstoffs. Zum anderen trägt die Politik durch hohe Abgaben zum hohen Spritpreis selbst bei. Es trifft zwar zu, dass die Politik die Sätze für die Mineralölsteuer seit fast zehn Jahren nicht verändert hat. Doch der Fiskus verdient dennoch an steigenden Preisen über höhere Einnahmen aus der Mehrwertsteuer mit. Darüber redet in Berlin kaum jemand.

Dennoch wäre die Bundesregierung schlecht beraten, bei jeder Zuckung der Rohstoffmärkte die Steuergesetze zu verändern. Dieser Versuchung erlag im Jahr 2000 Bundeskanzler Gerhard Schröder (SPD). Er gab dem Druck der Straße nach und erhöhte die Pendlerpauschale. Die Maßnahme verpuffte wirkungslos: Als die höhere Steuerpauschale in Kraft gesetzt wurde, waren die Spritpreise gesunken. Wegen des Sparzwangs im Bundeshaushalt wurde die Pendlerpauschale später wieder gekürzt. Vor solch einem Herumdoktern ist zu warnen. Es ist ohnehin nicht einzusehen, warum lange Wege zur Arbeit von der Allgemeinheit noch stärker als bisher gefördert werden sollen. In die Entwicklung der Märkte kann die Politik nicht eingreifen. Mehr Ehrlichkeit ist notwendig. Der Staat sollte die Bürger nicht vor Preiserhöhungen schützen. Dagegen hilft nur eines: Das Auto öfter stehen lassen.