Von dem vielversprechenden Ansatz der Teilqualifizierung könnten alle Seiten profitieren: Arbeitslose finden einen Job, ungelernte Arbeitskräfte neue Einsatzmöglichkeiten und Unternehmen das Personal für die Zukunft, meint StZ-Redakteur Thomas Thieme.

Stuttgart - Was Hänschen nicht lernt, lernt Hans nimmermehr.“ Sollte dieses alte Sprichwort wirklich zutreffen, wäre der jüngste Vorstoß der Metallarbeitgeber von vornherein zum Scheitern verurteilt. Ungelernte Menschen erhalten dabei die Chance, auch nach mehrjähriger Betriebszugehörigkeit oder Arbeitslosigkeit noch einen Berufsabschluss zu erwerben. Frei nach dem Motto: Hans ist auch mit über 25 Jahren noch in der Lage, sich berufliche Qualifikationen anzueignen. Beim Modell der Teilqualifizierung muss er auch nicht alles auf einmal lernen, sondern Schritt für Schritt, Modul für Modul. Die Latte wird bewusst niedriger gelegt, um die Auszubildenden nicht zu überfordern. Gelingt der erste Schritt, sind sie vielleicht sogar motiviert, nun auch die nächste Stufe zu erklimmen.

 

Die Betriebe sind angesichts des fortschreitenden Fachkräftemangels gezwungen, neue Wege zu gehen. Von dem vielversprechenden Ansatz könnten alle Seiten profitieren: Arbeitslose junge Menschen erhöhen dadurch ihre Chancen, eine Stelle zu finden. Ungelernte Beschäftigte, die bereits einen Job haben, erweitern ihre Einsatzmöglichkeiten. Und die Unternehmen bekommen qualifiziertes Personal, mit dem sie ihren Fachkräftebedarf in Zukunft besser decken können.

Die herkömmliche Ausbildung darf nicht vernachlässigt werden

Doch bevor man von einem Erfolgsmodell sprechen kann, sind noch eine Reihe von Fragen zu klären. Kann ein Arbeitgeber in Schleswig-Holstein etwas mit einem Mitarbeiter anfangen, der eine Teilqualifikation in Bayern erworben hat? Wie werden Beschäftigte mit Teilqualifikationen in die Gehaltsstrukturen eingruppiert? Zudem muss gewährleistet sein, dass die Firmen einen Mitarbeiter auch dann weiter fördern, wenn er ausreichend für seine aktuelle Tätigkeit geschult ist. Und schon gar nicht darf die herkömmliche betriebliche Ausbildung vernachlässigt werden.

Es ist erstrebenswert, die „Ausbildung light“ bundesweit und branchenübergreifend zu etablieren. Doch selbst wenn es gelingt, müssen sich alle Beteiligten über eines im Klaren sein: die Förderung von gering Qualifizierten ist zwar eine wichtige Aufgabe am Arbeitsmarkt, aber nicht die einzige. Wo sind die innovativen Ansätze zur besseren Integration von Frauen, Älteren, Migranten oder Langzeitarbeitslosen ins Berufsleben? Auch bei diesen Personengruppen sind viele Fragen offen.