Eine Fläche, auf der alle Verkehrsteilnehmer aufeinander Rücksicht nehmen? In der Tübinger Straße in Stuttgart funktioniert das nur mit Einschränkungen. Die Stadt muss ihr Konzept nachbessern, meint StZ-Redakteur Wolfgang Schulz-Braunschmidt.

Stuttgart - Seit gut einem Jahr gibt es die neue Mischverkehrsfläche in der Tübinger Straße. Der nur 200 Meter lange und offen gestaltete Straßenraum steht für eine neue Idee, für partnerschaftliches Verhalten: Dort sollen alle Verkehrsteilnehmer ohne Schilder auskommen und aus Einsicht aufeinander Rücksicht nehmen.

 

So weit die Theorie. Der Alltag zwischen Sophien- und Eberhardstraße sieht allerdings anders aus: Von morgens bis abends wird praktisch jeder freie Quadratmeter zugeparkt. Darauf hat die Stadt mit einer intensivierten Überwachung reagiert. Das war gut, es genügt aber nicht. Denn die fleißigen Kontrolleure haben erkennen müssen, dass sich die Kundschaft trotzdem nicht davon abhalten lässt, direkt vor den Türen der Geschäfte zu parken. Und da die Dunkelziffer trotz 6000 Verwarnungen im vergangenen Jahr wohl immer noch sehr hoch ist, dürften viele in unmittelbarer Nähe zur Fußgängerzone oft nicht nur bequem, sondern auch kostenlos parken.

Die Stadt sollte ihr Ziel, in der Tübinger Straße ein partnerschaftliches Konzept für Fußgänger, Rad- und Autofahrer durchzusetzen, nicht aus dem Blick verlieren. Sie muss aber auch vom Bund mehr kommunale Kompetenzen – etwa höhere Bußgelder – gegen Falschparker fordern. Auch der Einsatz von Abschleppwagen könnte die Lage verbessern. Im Rathaus und in Verkehrskonzepten ist ja viel von stadtgerechter Mobilität zu hören und zu lesen. In der Tübinger Straße aber wird das erste Pflänzchen für eine bessere Verkehrswelt mit Füßen, Pardon, mit Autoreifen getreten.