Eine wirklich umfassende und sinnvolle Neuordnung der Geschäftskreise scheiterte daran, dass OB Kuhn den Fraktionen für eine satte Mehrheit zu stark entgegenkommen musste, meint StZ-Autor Jörg Nauke.

Stuttgart - Nach der Hälfte seiner ersten Amtszeit hat sich Fritz Kuhn nun doch darangemacht, die Verwaltung umzustrukturieren. Anlass für die schon zu Zeiten seines Vorgängers für notwendig erachtete Neuordnung ist aber nicht ein zündendes Konzept, das nach Umsetzung rief, sondern die Vakanz auf der Bürgermeisterbank, ausgelöst durch die Nominierung von Susanne Eisenmann zur Kultusministerin.

 

Dass die Mehrheit der Stadträte die Vorschläge billigt, überrascht nicht, weil sie ja weitgehend von den Fraktionen diktiert wurden. Die Unterstützung des eigenen Lagers hat sich Kuhn pauschal gesichert, die Zustimmung der übrigen Fraktionen – linker und rechter Flügel ausgenommen – hat er mit Zugeständnissen erworben. So bedankt er sich bei der SPD, indem deren Bürgermeister Dirk Thürnau die Bäder erhält, die besser neben der Sportverwaltung angesiedelt wären. Einen entsprechenden Vorstoß hatte Bäderchef Föll vor einigen Jahren mit Eisenmann geplant. Freie Wähler und FDP haben für ihr Ja die Zusicherung einer weiteren Amtszeit für ihre Bürgermeisterin Isabel Fezer erhalten, obwohl schon deren erste Wahl auf einer falschen Interpretation des Vorschlagsrechts fußte.

Ohne Kompromisse geht es nicht, aber. . .

Das Wesen der Politik ist nun einmal der Kompromiss. Das zerfaserte Ergebnis lässt die Kritiker dennoch ratlos dreinschauen. Es scheint, die Umstrukturierung sei in Teilen nicht nur zufällig erfolgt, sondern zudem auf halbem Weg eingestellt worden. Am Ende war der Preis für die Zustimmung zum Revirement so in die Höhe getrieben worden, dass die „klare Struktur“ in Kuhns Konzept nur noch mit Mühe erkennbar ist.

Dass CDU-Chef Alexander Kotz im OB-Vorschlag den „großen Wurf“ sieht, spricht Bände. Trotz ungünstiger Ausgangslage – nötige Sicherung des Vorschlagsrechts, spezieller Referatszuschnitt für seinen Wunschkandidaten – hat die CDU nun noch mehr Machtoptionen, besetzt neben dem Finanzressort mit der Verwaltung auch das zweite zentrale Querschnittsreferat. Sie sicherte sich den Sport und sorgte dafür, dass die Kultur nicht Chefsache wird. Die kritische Szene wird noch merken, dass das eher ein Vorteil für sie ist. Weil auch noch die Kliniken ins Hause Föll wandern, sahen sich die Christdemokraten bereits gezwungen, dies als „Opfer“ darzustellen. Die Grünen werten es schon als Erfolg, ihrem Bürgermeister Wölfle die Degradierung im eigenen Haus zum Ein-Themen-Bürgermeister für Verwaltung erspart und ihn ins Soziale vermittelt zu haben.

Warum wird das Jugendamt nicht geteilt?

Inhaltlich ist etwas gewonnen, wenn man den Bildungsbereich und das Jugendamt vereint – auch wenn die Vernetzung längst erfolgt ist. Die sinnvolle Teilung des Jugendamts – Kitas im neuen Bildungsreferat, Jugendhilfe und Steuerung der freien Träger im Sozialreferat – unterbleibt jedoch. Stattdessen bereinigt man ohne Not das Eisenmann-Ressort um Kultur und Sport. Das ist kontraproduktiv, man denke nur an die enge Verzahnung dieser Bereiche, etwa bei der Ganztagsbetreuung, die von der Schulverwaltung bezahlt und mit Vereinen und Institutionen betrieben wird.

OB Kuhn gegen Parteifreund Wölfle

Werner Wölfle, dem weder Kuhn noch die Fraktionschefs das Bildungsreferat gönnten, soll sich künftig auch um die Integration kümmern, die unter Schuster deutlich höher bewertet worden war. Das ist sinnvoll. Warum das Thema nicht weiter gefasst wird, etwa, indem die Beauftragte für individuelle Chancengleichheit für Frauen und Männer ins Soziale wechselt und das Aufgabenfeld auf weitere benachteiligte Gruppen ausweitet, ist erst auf den zweiten Blick schlüssig: Ursula Matschke mag offenbar nicht unter Wölfle arbeiten.

Einziger Schwachpunkt der CDU: Alexander Kotz muss seinen Wunschkandidaten Fabian Mayer vermitteln. Das wird schwer genug, denn dem jungen Anwalt fehlt es an Verwaltungserfahrung. Die Bundestagsabgeordnete Karin Maag würde eher ins Profil passen. Mit ihrer Kandidatur für eine weitere Amtszeit wird sie sich aber am Freitag aus der Debatte nehmen.