Kamil Stoch ist ein großer Sieger – aber die Österreicher und Richard Freitag haben es dem polnischen Skispringer bei der Tournee auch leicht gemacht.

Stuttgart - amil Stoch ist schon jetzt einer der erfolgreichsten Athleten der Skisprung-Historie. Er hat (außer einer Skiflug-WM) alles gewonnen und sich am Samstag in Bischofshofen einen Eintrag in die Geschichtsbücher gesichert. Als zweiter Springer nach Sven Hannawald alle vier Springen der Tournee gewonnen zu haben, ist herausragend und Ausdruck der großen Klasse, die der Pole besitzt.

 

Doch die Deutschen und alle anderen Mitstreiter haben es ihm auch leicht gemacht. Es soll und kann die Leistung des Polen nicht schmälern, aber die Österreicher waren nicht vorhanden und alle anderen Nationen, die ihm hätten gefährlich werden sollen, befanden sich eine Liga unter der des Polen. Hinzu kam das Glück, dass sein einziger verbliebener Rivale in Innsbruck stürzte. Der Ausfall von Richard Freitag ließ Stoch vor seinem großen Sieg sorgenfrei einbiegen in die Zielgerade.

Die DSV-Verantwortlichen mokierten sich darüber, dass Freitag bei schwierigen Bedingungen von zu weit oben starten musste – als Schuldigen für den Sturz wurde der in Innsbruck eingeteilte Technische Delegierte ausgemacht. Das allein kann aber keine Erklärung sein. Man hätte sich auch einmal die Frage stellen können, warum ausgerechnet der Mann stürzt, der noch um den Gesamtsieg kämpft – und sonst kein anderer. Das deutet auch auf ein schwaches Nervenkostüm hin, mit dem Freitag in Innsbruck an die Sache herangegangen ist. Mit seinen beiden Auftaktsiegen in Oberstdorf und Garmisch hatte Stoch den Sachsen offenbar derart verunsichert, dass es zu diesem Debakel am Bergisel kommen konnte. Das war alles andere als meisterlich von Richard Freitag.

Auch Freund hatte seine Tournee-Probleme

Der Fauxpas hat gezeigt, dass der erste Saisonhöhepunkt für die Deutschen noch immer ein Problem darstellt. Auch Severin Freund hatte in der Vergangenheit Probleme mit dem Druck, der von innen und außen aufgebaut wird, wenn es zur Tournee geht. Schon die beiden ersten Siege von Stoch, bei denen Freitag jeweils Zweiter wurde, obwohl er mit drei Weltcuperfolgen als Topfavorit an den Start gegangen war, haben gezeigt: Wenn es um die Wurst geht, sind bei der Tournee häufig die anderen da – aber nur selten die Deutschen.

Was gibt es zu tun? Schwierig. Die Skiflug-WM und die Winterspiele stehen vor der Tür. Ob es Freitag plötzlich gelingt, mit dem enormen Druck bei diesen Terminen umzugehen, ist eher fraglich. Bei der Tournee hat es nicht geklappt – auch bei den Österreichern war es diesmal so. Ansonsten bleibt wohl wieder nur die Erkenntnis, dass gegen Stochs mentale Stärke derzeit kein Kraut gewachsen ist. Das muss man dann aber auch so akzeptieren – und nicht die Schuld woanders suchen.