In der Bundesversammlung kommt es zum erwarteten Ergebnis und einer großen Rede – vom Bundestagspräsidenten, kommentiert unser Hauptstadtkorrespondent Christopher Ziedler.

Berlin - Häufig kommt es nicht vor, dass die Abgeordneten im Berliner Reichstagsgebäude ergriffen und begeistert zugleich aufspringen. Während der Auftaktrede von Bundestagspräsident Norbert Lammert zur 16. Bundesversammlung, an deren Ende Frank-Walter Steinmeier erwartungsgemäß zum nächsten deutschen Staatsoberhaupt gewählt wurde, ist genau das passiert. Angesichts seiner Abrechnung mit den Feinden der Demokratie, geriet es sogar zur Nebensache, dass Lammert damit dem eigentlich Star des Sonntagnachmittags ein wenig die Show gestohlen hat. In der Hauptsache hat er – so deutlich wie kein deutscher Offizieller zuvor – nicht nur die neue Trump-Administration kritisiert, sondern auch den Rechtspopulisten in Europa und Deutschland die Leviten gelesen.

 

Lammerts Worte kamen zur rechten Zeit

Seine Worte kamen auch deshalb zur rechten Zeit, weil sie das Potenzial haben, die Demokraten dieses Landes aus der Defensive zu bringen. Motto: Ihr müsst Euch nicht dafür schämen, dass die Bundesrepublik als Lehre aus der dunklen deutschen Geschichte auf internationale Zusammenarbeit und Verständigung setzt! Schämen sollen sich vielmehr jene, die angesichts der aktuellen Probleme gleich alle historische Erfahrung über Bord werfen wollen und lieber auf eine Rückkehr zu Isolationismus und Nationalismus setzen! Lammert postuliert dabei kein plumpes Weiter-so, sondern rief vielmehr die westlichen Gesellschaften zu Selbstkritik und Selbstkorrektur auf – damit es ein Weiter-so mit der Demokratie geben kann.

Der künftige Bundespräsident Steinmeier hat genau in dieselbe Kerbe gehauen, an diesem Tag nur noch nicht ganz so mitreißend wie Norbert Lammert – aber das kann ja noch kommen.