Trotz der aktuellen Finanzkrise vor allem in der Eurozone sind Untergangsszenarien fehl am Platz, meint der StZ-Wirtschaftskorrespondent Klaus Dieter Oehler. Die Wirtschaft befindet sich weltweit im Umbruch, darauf muss sich Europa einstellen.

Frankfurt - Es wird ein sonniger Mittwoch werden in Deutschland. Irgendein Hoch hat sich festgesetzt. Und die Meteorologen versprechen, dass auch das Wochenende noch einmal richtig sommerlich werden wird. Anders sieht es in der Wirtschaft aus, da nähert sich der Sommer seinem Ende, die Stimmung in der deutschen Wirtschaft verdüstert sich. Der Blick auf die Nachbarn in Europa stimmt nicht freudiger – die Eurozone befindet sich schon wieder in der Rezession. Und es fühlen sich diejenigen bestätigt, die auf einen Zusammenbruch des Euro wetten, die das ganze Experiment einer Währungsunion mit so vielen unterschiedlichen Nationen für gescheitert erklären. Es fehlt nur noch, dass sie auch den Weltuntergang ausrufen.

 

Solche Untergangsszenarien gehen an der Sache weit vorbei. Es mag sein, dass es – um im Bild zu bleiben – noch einige heftige Gewitter geben wird, bevor Europa wirtschaftlich, finanz- und währungspolitisch wieder in eine stabile Phase kommt. Möglicherweise wird der Alte Kontinent auch etwas anders aussehen, als wir uns das jetzt vorstellen. Aber Europa wird das überstehen. Und die Gemeinschaftswährung Euro mit einiger Wahrscheinlichkeit auch.

Die Welt steht noch immer

Worum geht es denn in Wirklichkeit? Seit fünf Jahren taumelt die Welt von einer Krise in die nächste. Ausgelöst wurde dieser Prozess durch das Platzen der Immobilienblase in den USA. Dies führte zur Finanzkrise und deckte eklatante Fehler im Finanzsystem auf. Banken gerieten ins Wanken, manche brachen sogar zusammen. Etliche Staaten gerieten an die Grenzen ihrer Leistungsfähigkeit, auch dort traten Fehler und Missmanagement zu Tage – nicht nur in Griechenland, Spanien oder Portugal, sondern im gesamten Eurosystem. Doch trotz dieser Fehler, trotz der billionenschweren Belastungen für das Finanzsystem und die Staaten steht die Welt noch immer. Sie befindet sich nur in dem Wandel, in dem sie sich auch schon vor der Ausbruch der Krise befunden hat.

Die deutsche Wirtschaft etwa ist stark, sie ist gut aufgestellt, innovativ und wettbewerbsfähig. Deutsche Produkte sind weltweit gefragt, so sehr, dass sich Deutschland sogar Kritik anhören muss wegen seiner hohen Exportüberschüsse. Andere Länder haben sich nicht so gut vorbereitet, haben zu lange nur auf Europa gebaut oder darauf, dass es immer weiter bergauf gehen wird. Aber so ist die Welt eben nicht. Brasilien, Russland, Indien und China stehen stellvertretend für den weltwirtschaftlichen Wandel. Auch dort gibt es Probleme, auch dort gibt es Fehlentwicklungen.

Europa muss sich auf den neuen Wettbewerb einstellen

Und alles hängt mit allem zusammen. Beispiel China: dort lassen viele europäische Textilhersteller Jeans schneidern. Die Menschen dort arbeiten unter Bedingungen, die wir nie akzeptieren würden – wir akzeptieren aber den Preis von zehn Euro, den wir für die Jeans in deutschen Geschäften bezahlen. Aber China ist im Gegensatz zu früher nicht mehr nur eine „verlängerte Werkbank“, sondern eine in vielen Teilen wettbewerbsfähige Volkswirtschaft. Und daher sollte man nicht nur gnadenlos die Vorteile der billigen Produktion nutzen, sondern partnerschaftlich mit dem Land und den Menschen dort umgehen – oder eben darauf verzichten. Dann aber würde die Jeans im Laden nicht mehr nur zehn Euro kosten. Und dann?

Europa muss sich auf den neuen Wettbewerb einstellen, der zwischen den drei großen Blöcken Amerika, Asien und eben dem Alten Kontinent stattfindet. Da hilft der Blick auf Quartalszahlen wenig – das ist mehr wie die Wettervorhersage für die nächsten Tage. Es geht um strukturelle Veränderungen, bei denen Deutschland schon weit gekommen ist. Daher steht die deutsche Wirtschaft besser da als die einiger Nachbarn. Dennoch bleibt auch hierzulande viel zu tun. Die Welt ist im Wandel, wir sind mittendrin – und wir stehen gar nicht so schlecht da.