Die neue Wirtschaftsministerin muss schnell zeigen, dass sie auch Politik kann. Nicole Hoffmeister-Kraut (CDU) gibt sich als Wirtschaftsversteherin – das muss sie nun einlösen, meint Anne Guhlich.

Chefredaktion: Anne Guhlich (agu)

Stuttgart - Es scheint fast so, als sei für die baden-württembergische Wirtschaft mit Nicole Hoffmeister-Kraut (CDU) die Zeit angebrochen, in der das Wünschen wieder hilft. Die Unternehmerin gibt sich erwartungsgemäß nicht nur als die neue Wirtschaftsministerin, sondern auch als die neue Wirtschaftsversteherin.

 

Als solche hat sie bereits angekündigt, das Bildungszeitgesetz auf den Prüfstand zu stellen. Und – wie sich das die viele Unternehmen wünschen – die Freistellung nur für die betriebliche Weiterbildung zu gestatten. Prompt kochte die Diskussion über den Bildungsurlaub aufs Neue hoch. Das ist ganz schön viel Lärm um einen Rechtsanspruch, der nur von wenigen Mitarbeitern im Land überhaupt genutzt wird. Aber der Wirtschaft liegt das Gesetz nun mal auf der Seele, das es Mitarbeitern erlaubt, sich zusätzlich zu ihrem Urlaub an fünf Tagen für Weiterbildungszwecke freizunehmen. Auch bei der Frauenquote hat sich Hoffmeister-Kraut sofort gegen eine verbindliche Quote ausgesprochen – ganz im Sinne der Wirtschaft.

Mehr Einfluss auf Gesetzgebung

Kein Wunder, dass die Unternehmen ihren Wunschzettel nun verlängern und sich etwa auch mehr Einfluss auf die Gesetzgebung in Berlin wünschen. Dazu kommt: mehr Geld für die Verkehrsinfrastruktur, mehr Digitalisierung, mehr Gründergeist, mehr Spielraum für Forschung und Entwicklung, mehr Werbung für die duale Ausbildung. So weit, so sinnvoll.

Doch in die allgemeine Anfangseuphorie mischen sich zunehmend Bedenken, ob Hoffmeister-Kraut ihre Ankündigungen auch nachhaltig umsetzen kann. In ihrer Fraktion zumindest gibt es genügend Kritiker, die ihr den Aufstieg nicht gönnen. Und Strippenziehen gehörte bisher nicht zum Tagesgeschäft der Quereinsteigerin. Jetzt muss die Unternehmerin schnell zeigen, dass sie auch weiß, wie sie sich politisch Mehrheiten verschafft – sonst wird allen der Unterschied zwischen Wunsch und Wirklichkeit ziemlich schnell deutlich.