Die kommunalen Versorger wie die Stadtwerke müssen umdenken: Strom und Gas wirft weniger Gewinne ab, daher muss in Breitband oder Fernwärme investiert werden. Das zeigt das Beispiel Ludwigsburg.

Ludwigsburg - Seit 17 Jahren steht Bodo Skaletz an der Spitze der Stadtwerke, hat die Fusion mit der Tochter in Kornwestheim eingefädelt und manch intensive Diskussion mit Kommunalpolitikern in Aufsichtsräten geführt. Noch bis Ende 2019 ist er im Amt – und muss einen Strukturwandel einleiten, dem sich alle kommunalen Energieversorger stellen müssen. Im hart umkämpften Strommarkt oder im Gasgeschäft wird immer weniger verdient – allein in Ludwigsburg tummeln sich über 200 Wettbewerber auf dem Markt.

 

„Wir müssen uns neue Geschäftsfelder erschließen“, sagt Bodo Skaletz, der in diesem Jahr 64 Jahre alt wird. Auf Vorschlag von OB Werner Spec hat er seine Nachfolge langfristig und mit Weitsicht geregelt: Am 1. Juli wird Christian Schneider (42) als zweiter Geschäftsführer mit einsteigen und einen fließenden Übergang mit Skaletz organisieren sowie Schritt für Schritt mehr Aufgaben übernehmen. Am 1. Januar 2020 ist der aktuelle Hauptabteilungsleiter der Pforzheimer Stadtwerke dann der Chef – mit seinem Pforzheimer Kollegen Johannes Rager (41) an seiner Seite.

Das Glasfasernetz in Ludwigsburg wächst

Es wird also künftig immer zwei Geschäftsführer geben bei den Stadtwerken Ludwigsburg-Kornwestheim. „Das ist auch notwendig angesichts der immer zahlreicher werdenden Aufgaben“, sagt Skaletz, dessen Arbeitstage oft zehn oder zwölf Stunden umfassen.

Ein wichtiges Ziel des künftigen Duos wird sein, das Glasfasernetz auszubauen. Ein Thema, das sie bereits bei den Pforzheimer Stadtwerken zusammen betrieben haben. „Dazu braucht es einen langen Atem“, sagt Bodo Skaletz. Er wohnt in Poppenweiler und hat sich selbst über extrem langsame Internetverbindungen geärgert.

Zwar hat die Telekom inzwischen nachgerüstet und bietet über Vectoring Breitband-Internet bis 50 Megabit je Sekunde an. Doch die Stadtwerke investieren 16 Millionen Euro bis 2024 ins moderne Glasfasernetz und bieten damit bis zu 500 Megabit. Gut ein Drittel des Stadtgebiets wird bis Ende 2018 angeschlossen sein – mit Preisen, die das gleiche Niveau der Telekom hätten oder niedriger seien, betont Skaletz.

Fernwärme-Ring durch Ludwigsburg

Auf lange Sicht, da ist sich der altgediente Geschäftsführer sicher, zahlt sich das aus. Auch wenn es im Aufsichtsrat durchaus skeptische Stimmen gab, wie zu hören ist. Zumal in Kornwestheim bereits seit einigen Jahren flächendeckend Glasfaser verlegt ist, ein Modellprojekt der Telekom. Doch nach langen Diskussionen gab es grünes Licht, seit 2016 werden jedes Jahr 7,5 Millionen Euro dafür ausgegeben.

Und noch in ein weiteres Geschäftsfeld wird viel Geld gesteckt: Ein Fernwärmering in der Ludwigsburger Innenstadt. Ausgangspunkt ist das geplante Solarkraftwerk zwischen Ludwigsburg und Kornwestheim hinter dem Berufsschulzentrum Römerhügel – die dort erzeugte Energie wird in einen großen, 20 Meter hohen und 15 Meter breiten Wärmespeicher geleitet, der direkt neben dem bestehenden Holzhackschnitzel-Heizwerk gebaut werden soll. Von dort werden Leitungen Richtung Karlshöhe in die Oststadt verlegt und mit dem Netz in der Innenstadt verbunden. Dafür werden 14 Millionen Euro ausgegeben, zehn Millionen Euro gibt es vom Bund.

Noch weiter in die Zukunft geblickt könnte sogar noch ein zweiter Ring Richtung Weststadt gelegt werden. Damit wären dann die meisten Wohngebiete in der Innenstadt angeschlossen.

Klimaschutz also Aufgabe

Skaletz treibt dieses Thema voran – und irgendwie hat es ihn sein ganzes Erwerbsleben hindurch verfolgt. Denn der in Gerstetten auf der Ostalb aufgewachsene 63-Jährige hat Maschinenbau mit Schwerpunkt neue Energien studiert und das wegweisende Buch „Ein Planet wird geplündert“ von Herbert Gruhl gelesen, das als Standardwerk der Umweltbewegung gilt. „Damals stand noch die Ölkrise und die Endlichkeit der Ressourcen im Vordergrund, jetzt geht es um den Klimawandel“, sagt Skaletz, „doch das Problem ist dasselbe.“

Ob bei den Neckarwerken Stuttgart von 1982 bis 1991 oder bei den Esslinger Stadtwerken bis 1999 – Skaletz hat das schwierige Geschäft der Stadtwerke in allen Facetten erlebt. „Mein Dienstbeginn in Ludwigsburg war der 1. Januar 2000“, sagt er und schmunzelt, „wir hatten alle Sorge, dass die Computer abstürzen.“ Doch am Neujahrstag lief alles reibungslos – und Skaletz begann, die Stadtwerke umzukrempeln.

Dass er sich dabei mit dem OB Werner Spec stets gut verstanden hat, ist ein offenes Geheimnis. Skaletz genießt das Vertrauen des Stadtoberhaupts, und Spec lässt ihm Handlungsspielräume. Skaletz setzt im Gegenzug die Agenda des umtriebigen Stadtoberhaupts auf fachlicher Ebene um. Energiewandel und Digitalisierung. In kaum einem Projekt ist das so deutlich erkennbar geworden wie dem Energiehafen im Werkzentrum Weststadt. „Hier gibt es das Smart Grid schon“, sagt Skaletz, „der Computer merkt sich, wer wann wie viel Energie verbraucht und steuert die Produktion entsprechend.“

Die Stadtwerke haben bald 350 Mitarbeiter

So wachsen die Stadtwerke auf bald 350 Mitarbeiter an. Und zumindest in einem der alten Geschäftsfelder vermeldet Skaletz eine Erfolgskurve: Die Zahl der 16 000 Stromkunden steigt langsam trotz des Wettbewerbsdrucks, während die Zahl der 33 000 Gaskunden zurück geht. Skaletz schmunzelt, als er das erzählt: „Im Aufsichtsrat zeige ich erst immer die fallenden Kurven – und dann die steigenden.“

Dass er von Juli an Verantwortung abgeben muss, sieht er als Vorteil. „So kann ich von 120 Prozent langsam herunterfahren“, sagt er. Dem neuen Leitungsduo traut er einiges zu und hat es selbst mit ausgewählt. Spätestens in seinem letzten Amtsjahr 2019 werden wieder größere Gewinne erwartet – dann werden die ersten Früchte der neuen Geschäftsfelder geerntet.

Ein wichtiges Thema kann Skaletz selbst noch mitgestalten: Die Erweiterung des Netzes in Richtung Remseck. Zusammen mit den Stadtwerken Waiblingen hat man schon einen Teil der Netze erworben, derzeit wird noch über den Rest verhandelt, der in der Hand der EnBW ist.

Trotz schwieriger Marktlage und hartem Wettbewerb – die Zeichen bei den Stadtwerken Ludwigsburg-Kornwestheim stehen weiterhin auf Wachstum.