Vor jedem Beschluss soll Klarheit über die Bedeutung für den Klimaschutz geschaffen werden. Die Ratsfraktionen möchten wissen, wie Stuttgarts Bemühungen um Klimaneutralität im Jahr 2035 beeinflusst werden.

Die Maßnahmen gegen die heraufziehende Klimakatastrophe wirken weltweit weniger gut, als sich das die beteiligten Staaten bei der Klimakonferenz in Paris im Jahr 2015 vorgenommen hatten – und auch die Stadt Stuttgart muss sich sputen, das erklärte Ziel der Klimaneutralität im Jahr 2035 zu erreichen. Vor diesem Hintergrund will man im Rathaus nun genauer hinschauen: Wie sich Beschlüsse auf das Klimaziel auswirken, soll künftig in den Beschlussvorlagen, die den Stadträten vorgelegt werden, aufgelistet werden. Der Verfahrensvorschlag der Verwaltung ging den Fraktionen nun aber nicht weit genug – sie pochten auf eine Erweiterung.

 

Schon vor rund drei Jahren war die Debatte aufgekommen, wie man die Klimaziele im üblichen Geschäft von Verwaltung und Gemeinderat ins Kalkül ziehen könnte. Jetzt schlug Umweltbürgermeister Peter Pätzold (Grüne) vor, künftig die durch die Beschlüsse zu erwartende Zunahme oder Abnahme des Kohlendioxidausstoßes zu benennen, falls es denn in Zahlen zu fassen ist. Doch dem Ausschuss für Klima und Umwelt ging das nicht weit genug.

Die Ratsmehrheit will mehr

Im Grunde, urteilten einige Stadträte, würde die Verwaltung gemäß diesem Vorschlag nur Neubauten für die Stadt, die vom Hochbauamt verfolgten Pläne, den Betrieb von Gebäuden mit Heizung und Beleuchtung und die Fahrzeugbeschaffung ins Visier nehmen. Man müsse aber auch dringend die Tiefbauprojekte einschließlich Straßenbau einbeziehen und den kompletten Beschaffungsbereich, hieß es in der Sitzung. Auch die Dienstleistungen, die die Stadt in Auftrag gibt, seien sehr wichtig, sagte beispielsweise Gabriele Munk (Grüne). Zudem pochte die Mehrheit darauf, auch den kompletten Lebenszyklus von Produkten einzubeziehen, also auch den Entstehungsprozess und die Beseitigung.

Der breitere Ansatz sei schon deshalb notwendig, damit man bewerten könne, wie der Umgang mit der Infrastruktur der Stadt zusammenpasse mit der Notwendigkeit von Kohlendioxid-Einsparungen, oder anders ausgedrückt: Wie viel Spielraum die Stadt auf dem vorgezeichneten Weg zum Kohlendioxidabbau bis 2035 jeweils habe.

Nur die AfD enthält sich

Momentan fehlten den Ämtern außer bei den Bereichen Neubauten, Hochbauprojekte und Fahrzeugbeschaffungen noch vielfach die Berechnungsgrundlagen, meinte die Verwaltung. Doch die Stadträte sind zuversichtlich, dass Software und Rechenmodelle rasch beigebracht werden können. Bis die Etatberatungen im Herbst 2023 so richtig anlaufen, soll die Verwaltung die nötigen Instrumente entwickelt haben. Bei vielen Entscheidungen, etwa im Sozialbereich, müsse man von vornherein kaum Klimarelevanz vermuten. Im Zweifelsfall, schlug Christoph Ozasek von der Fraktionsgemeinschaft Puls vor, sollte die Verwaltung „Mut zu gewissenhaftem Schätzen“ entfalten.

Schlussendlich beschloss der Ausschuss bei nur einer Enthaltung der AfD, dass der Verwaltungsvorschlag so erweitert werden soll, wie es Grüne, SPD, Linksbündnis, Puls und FDP in einem gemeinsamen Antrag forderten. Die städtischen Beteiligungsunternehmen sollen die Praxis übernehmen. Falls es in der Stadtverwaltung personell klemmt, wollen die Fraktionen noch vor den Haushalts- und Stellenplanberatungen im nächsten Herbst für etwas mehr Kapazität sorgen. Nach dem Ausschuss wird auch noch die Vollversammlung des Gemeinderats darüber abstimmen – eine Mehrheit ist ziemlich sicher.