Arne Pautsch sieht das differenzierter. „Im Vergleich der Bundesländer liegt Baden-Württemberg im Mittelfeld, was die Bürgerfreundlichkeit der Quoren und Fristen angeht“, hat er festgestellt. Vielleicht sei der Anstieg von Fällen auch der starken Publizität des Themas geschuldet.

 

Sein Ratschlag an die lokalen Repräsentanten: Mehr Bürgerinformation und Beteiligung schon im Vorfeld. Also nicht erst dann, wenn die Gespräche mit den Investoren schon abgeschlossen sind. Das erhöht bei den Bürgern die Bereitschaft, in eine Protesthaltung zu verfallen. Denn der Bürgerentscheid ist die finale Zuspitzung eines oft komplexen Sachverhalts auf eine Ja- oder Nein-Frage.

Entsteht eine neue politische Kultur?

Der Blick über den Tellerrand zeigt, dass mehr Volksabstimmungen ganz unterschiedliche Ausprägungen haben. In der Schweiz etwa, in der auf nationaler Ebene Volksentscheide an der Tagesordnung sind, werden Gesetze schon früh auf „Referendumsvermeidung“ überprüft. Aber auch das nahe Beispiel Bayern, das durch jahrzehntelange Herrschaft einer einzelnen Partei geprägt ist, zeigt eine andere Entwicklung – auch das hat Arne Pautsch analysiert: „Wenn die Beteiligung der Bürger ernst genommen und Teil der politischen Kultur wird, steigt auch die Zahl der Bürgerbegehren, die nicht in erster Linie Beschlüsse verhindern wollen.“ Das könnte zu ganz neuen Initiativen führen.

Allerdings räumt auch Pautsch ein, dass der Erfolg einer lautstarken Minderheit ein Kollateralschaden der liberaleren Regeln ist. Noch ist es zu früh, Bilanz zu ziehen, ob die Reform zur faktischen Unregierbarkeit in Städten und Kommunen führt. Es liegt an den Akteuren auf beiden Seiten, ob ein neues politisches Klima entsteht.