Was Stuttgarter Politiker während des Wahlkampfs bei Twitter und Facebook geboten haben, fand unser Autor Lucas Kesselhut ziemlich langweilig. Ein paar positive Ausnahmen konnte er allerdings finden.

Stuttgart - Sie waren die heimlichen Stars. Nicht etwa Merkel, Steinbrück und Co. - nein. Die Gewinner hießen Facebook und Twitter. Zumindest bei der Bundestagswahl im vergangenen Jahr. Die Straßenumfrage? Total out. Die Stimmung der Bürger wurde im Netz eingefangen. Was deutschlandweit funktionierte, kann doch auch in Stuttgart klappen, oder?

 

Aber nein! In Stuttgart schlafen die Politiker noch ziemlich, was die sozialen Kanäle angeht. Vor der Wahl: Langweilige Posts über irgendwelche Events, bei denen oftmals nicht mehr als zehn Partei-Anhänger einen Stand in der Stuttgarter Innenstadt betreuten. Gähn. Das mochte keiner sehen, dementsprechend klein war auch die Zahl der Likes. Und nach der Kommunalwahl? Da sah man nur eine Handvoll gestellter Bilder, um ein „Dankeschön“ auszudrücken. Facebook wird in seinen Möglichkeiten unterschätzt und beim Twitter-Vögelchen muss man Angst haben, dass es in Stuttgart das Zwitschern verlernt.

Dennoch gab es in den vergangen Tagen das ein oder andere Fundstück, das noch darauf hoffen lässt, dass die Stuttgarter Politiker das Neuland so langsam erkunden wollen.

 

Nach der Wahl ist vor dem großen Saubermachen. Alles, was die Parteien in den vergangenen Wochen an Laternen, Tunnelwänden und Brücken festgeklebt haben, muss wieder weg und der Normalität weichen. Und da so etwas gerne mal vergessen wird, versucht eine Partei, ihre Mitglieder per Facebook daran zu erinnern. In GROSSEN LETTERN hat die Linke zur Aufräum-Aktion 2.0 gebeten. Ob es was gebracht hat, wird man dann in den nächsten Tagen sehen. Großen Gefallen hat der Post mit zwei Likes jedenfalls nicht gefunden – was für eine Überraschung! Vielleicht saß auch einfach nur die Enttäuschung über die 4,5 Prozent noch zu tief. Wobei. Eine gemeinsame Putz-Aktion kann den Partei-Geist doch auch stärken, oder?

 

Dieses Jahr scheint das Jahr der „Sefies“ zu sein. Das sind quasi moderne Selbstporträts, geschossen mit einem Smartphone. Das Handy wird in die Hand genommen, die Front-Kamera aktiviert und der Arm lang ausgestreckt. Dann ein schneller Knipser et voilá, fertig ist das „Selfie“. Besonders beliebt ist es bei Jugendlichen und Prominenten. Allerdings können auch Stuttgarter Politiker da mithalten – zumindest einige. Unter dem Sammelsurium vieler öder Posts finden sich manche, die Hoffnung aufkeimen lassen: Ja, die Stuttgarter Politik ist im Jahr 2014 angekommen. So zum Beispiel der Abgeordnete und Vizepräsident des Europäischen Parlaments Rainer Wieland. Mit breitem Lächeln knipste der CDU-Politiker ein schickes Selfie mit Eberhard Bezner, der das Hemdenimperium Olymp führt. Das Foto kam jedenfalls gut an. Der 57-Jährige braucht sich in der Liga der „Selfie“-Fotografen nicht zu verstecken.

Auf ein Bier mit den Kandidaten

Nach der Wahl ist es auf den Seiten der Parteien und Kandidaten gähnend leer. Nach einigen Dankeschön-Postings auf Facebook und Twitter kam die große Netzwerk-Dürre. Die Piratenpartei, für die Facebook ja eigentlich wie ein zweites Zuhause ist, verstummte sogar schon fünf Tage vor der Wahl. Diejenigen, die noch drangeblieben sind, nehmen den Nutzer aber fast schon mit an die Hand, um den Wahlerfolg auch eine Woche nach der Wahl zu feiern. So zum Beispiel die Studentische Liste.

 

  

Bei einem kühlen Bier freuen sich die noch recht jungen Kandidaten über ihren Erfolg. Sie haben schließlich einen Sitz im Gemeinderat ergattert. 81 Leute feiern „virtuell“ mit und drückten „Gefällt mir“. Der Jungpolitiker Marcel Wolf von der CDU, der den Einzug in den Gemeinderat verpasst hat, lässt seine Facebook-Freunde noch wissen, wo es ihn in den Urlaub hin verschlagen hat. Nämlich nach Malle:

 

Das Fazit: Die Stuttgarter Politik kann Social Media - aber wirklich einfallsreiche Posts sind eher die Ausnahme. Getwittert wurde gar nichts Aufregendes. Bis 2019 haben die Stuttgarter Parteien jetzt noch Zeit, sich mit den sozialen Kanälen weiter anzufreunden. Denn dann ist die nächste Kommunalwahl. Und vielleicht wird dann ja fleißiger gepostet.