Auch wenn die meisten in der CDU die Ursachen des Wahldebakels vom Sonntag nicht in Stuttgart suchen, gibt es eine Personaldebatte auf kommunaler Ebene.

Lokales: Mathias Bury (ury)

Stuttgart - Die Stuttgarter CDU steht unter Schock. Am Tag nach den verheerenden Wahlergebnissen hofften viele, dass das Minus in der Stadt zuletzt noch etwas geringer ausfällt, wenn die Kommunalwahl ganz ausgezählt ist.

 

Ein „kleines Trostpflaster“ sei das Stimmzettelergebnis vom Montagnachmittag, mit dem die Union bei 21,8 Prozent liege, sagte der CDU-Kreisvorsitzende Stefan Kaufmann. Und dennoch: „Der Bundestrend hat uns voll getroffen.“ Eine der Fragen ist für Kaufmann, wie die Union in Zukunft auch junge Wähler über die sozialen Medien erreichen kann, Stichwort: Rezo-Video. „Mit den klassischen Formen schaffen wir das nicht mehr.“ Aber auch das sei kein Thema der kommunalen Ebene. Dennoch stellt Stefan Kaufmann eine „Unruhe in der Kreispartei“ fest.

Thema Klimaschutz vernachlässigt

„Wir haben das Thema, das die Wähler gerockt hat, zuwenig erkannt“, sagt Karin Maag, die CDU-Bundestagsabgeordnete. „Wir müssen für diese Themen kompatibler werden.“ Gemeint sind Umwelt- und Klimaschutz. Aber die Union müsse auch ihre Themen wie Wirtschaft und Wohnen künftig „besser rüberbringen“, findet die stellvertretende Kreisvorsitzende.

Dass viele die Schuld nur in Berlin suchen, wie das auch CDU-Fraktionschef Alexander Kotz kurz nach der Wahl getan hat, will Maag so einfach aber nicht gelten lassen. „Jeder muss sich an die eigene Nase fassen.“ Der Protest der CDU gegen die Dieselfahrverbote sei jedenfalls „kein Gewinnerthema“ gewesen. Eine Personaldebatte im Kreisverband hält die Abgeordnete aber nicht für geboten. Diese Frage stelle sich erst im Sommer, wenn es um das Profil und den Zeitplan für die Suche nach einem OB-Kandidaten gehe.

Kritik an Konzentration auf Kotz

Unter den Aspiranten sind, neben Maag selbst, bekanntlich der Fraktionschef der CDU im Rat, Alexander Kotz, und der Kreisvorsitzende der Stuttgarter Union, Stefan Kaufmann. Ein Parteimitglied, das nicht genannt werden will, wird deutlich: „Da sind zwei Träume geplatzt.“ Gemeint sind die möglichen Kandidaturen von Kotz und Kaufmann. Der CDU-Mann findet, jemand wie Kotz, der sich als Spitzenkandidat „so zur Schau stellt“, der die Kommunalwahl als „vorgezogenen OB-Wahlkampf“ betrieben und daraus eine „Kotz-Show“ gemacht habe, müsse dann auch die Verantwortung tragen, wenn es nicht wirke. Auch die Plakatthemen Stadt am Neckar oder Durchstarten für Stuttgart hätten nicht gezogen. „So kann es nicht weitergehen“, sagt das Parteimitglied.

Gegen diese Haltung gibt es aber Widerspruch. Auch Roland Schmid aus Bad Cannstatt findet, die CDU hätte „die Klimapolitik stärker in den Fokus nehmen sollen“. Und sie müssen „einen besseren Draht zu den Jüngeren finden“. Aber das Problem liege nicht im der Kommunalpolitik, das zeigten die schlechten Ergebnisse der CDU in anderen Großstädten. „Die Ratsfraktion hat gute Arbeit gemacht“, sagt Roland Schmid. Weder dem Fraktionsvorsitzenden noch dem Kreisvorsitzenden könne man einen Vorwurf machen.

Zu viel Kuschelkurs, zu wenig Abgrenzung

Philipp Hill, der für die Union im Gemeinderat sitzt, spricht von einem „Trendergebnis“. „Schuldzuweisungen auf lokaler Ebene“ seien deshalb „absurd“. Kritik etwa an Plakaten gebe es immer.

Ähnlich sieht das der Stadtrat Markus Reiners. „Wir haben im Wahlkampf keine wesentlichen Fehler gemacht, das war die übergeordnete Ebene“, sagt der Politikwissenschaftler. Markus Reiners hält vielmehr den „Kuschelkurs“ mit den Grünen im Land für ein Problem, etwa bei den Dieselfahrverboten, der Diesel stoße weniger Treibhausgas Kohlenstoffdioxid aus als ein Benziner. Auf das viel diskutierte Rezo-Video hätte die Union schnell „Aufklärung betreiben müssen“. Eine Personaldebatte auf lokaler Ebene hält Reiners für unangemessen. Dennoch lasse sich diese nach dem schlechten Wahlergebnis „nicht vermeiden – das ist ganz normal.“