Stuttgart liegt in Sachen Sicherheit auf Platz drei in einem Ranking der deutschen Großstädte. Probleme bereiten die steigenden Zahlen der Einbrüche in der Landeshauptstadt.

Lokales: Christine Bilger (ceb)

Stuttgart - Ein Satz kommt so sicher wie das Amen in der Kirche, wenn Ordnungshüter – seien es Vertreter der Polizei oder das zuständige Referat der Stadtverwaltung – über die Lage in der Landeshauptstadt sprechen: Stuttgart ist sicher, heißt es dann immer. Da ist natürlich etwas dran. Das verrät schon die Position, welche Stuttgart unter den deutschen Großstädten einnimmt: Mit der Kriminalitätsstatistik für das vergangene Jahr konnte Polizeipräsident Franz Lutz bekannt geben, dass Stuttgart unter den deutschen Städten mit über 500 000 Einwohnern den drittbesten Platz einnimmt. Nur Nürnberg und München stehen besser da.

 

Dabei bereiten vergleichsweise kleine Delikte die größten Probleme. Im Winter hielten Einbrecher die Polizei auf Trab, die oft wegen verschwindend kleiner Beutewerte in die Wohnungen der Bürger einstiegen. Die Auswirkungen für die Betroffenen sind gleichwohl immens: Die Täter dringen in den geschützten privaten Bereich ein. Die Zahl der Einbrüche stieg im vergangenen Jahr in der Stadt auf die Rekordmarke von mehr als 1000 .

Das ist kein Stuttgarter Phänomen. Die Zahlen sind landes- und bundesweit gestiegen. Die Gründe sind denn auch landauf, landab ähnlich: Meist stecken Banden aus jungen EU-Ländern in Osteuropa dahinter, in denen große Armut herrscht. Ein weiteres Phänomen beschäftigt die Polizei derzeit: Die Zahl der Taschendiebstähle ist im vergangenen Jahr um knapp 40 Prozent gestiegen. Bei diesem Delikt ist es noch schwieriger, die Täter dingfest zu machen. Sie verschwinden in Sekundenschnelle im Gedränge, sei es auf der Einkaufsmeile, in den Festzelten auf dem Wasen oder am Wochenende in der Party- und Clubszene.

Die Probleme rund um die Partyszene werden weniger

Um die sogenannte Eventszene ist es indes ruhiger geworden. Noch vor gut einem Jahr hatte die Polizei rund um die Theodor-Heuss-Straße einen Brennpunkt für Gewalttaten ausgemacht, wie sie häufig unter dem Einfluss von Alkohol geschehen. Die Polizei hat ihre Präsenz verstärkt, die Probleme sind geringer geworden. Was nicht heißt, dass sie gelöst wären. Zwar ist die Zahl der Schlägereien zurückgegangen. Dennoch müssen die Ordnungskräfte immer wieder ausrücken, wenn zwischen angetrunkenen Partygängern die Fäuste fliegen. Einzig beruhigend ist aus Sicht der Polizei, dass die Opfer dieser Gewalttaten oft aus dem gleichen Milieu stammen wie die Täter. In anderen Worten: Wer am Abend in Stuttgart das Kino, das Theater oder ein Restaurant besucht, bleibt meist unbehelligt von derlei Reibereien.

In anderer Weise wirkt sich aber das vor allem in der warmen Jahreszeit stattfindende Partyspektakel an den Wochenenden auf die Unbeteiligten aus, die rund um die Theodor-Heuss-Straße oder an der Eberhardstraße in der Nähe des Hans-im-Glück-Brunnens wohnen. Sie bekommen nachts den Geräuschpegel ab, am Morgen danach die Müllberge. Ein Phänomen am Rande der Szene sind die Raser, die auf der Theodor-Heuss-Straße Gas geben, um von möglichst vielen Szenegängern gesehen zu werden. Aktuell gibt es ein neues Problem in der motorisierten Spaßszene: Die Polizei nimmt die Bolzstraße ins Visier, weil dort zwar keine Raser, aber langsam vorbeicruisende Autofahrer in fetten Schlitten mit lautem Motorengeheul um Aufmerksamkeit der Szenegänger heischen. Zwar gibt es dort nur wenige Anwohner. Diejenigen, die dort leben, werden dadurch aber um den Schlaf gebracht. Auch den Besuchern der Kneipen und Cafés in diesem Bereich missfällt das Schaulaufen vor ihrer Nase.

Schaufahrten in fetten Autos nerven Cafébesucher

Der Verkehr sorgt aber auch für Konfliktpotenzial, wenn er nicht rollt, sondern ruht. So zum Beispiel in der neuen Mischverkehrfläche, dem sogenannten „Shared Space“, in der Tübinger Straße. Dort ist eine Straßenseite immer wieder zugeparkt, obwohl die gesamte Straßenbreite eigentlich gleichberechtigt allen Verkehrsteilnehmern zur Verfügung steht. Weil durch den zugeparkten Streifen Platz fehlt, kommt es zu Konflikten zwischen Radfahrern, Fußgängern und Autofahrern.

Sowohl die Polizei als auch die Verkehrsüberwachung der Stadt haben neue Strategien angekündigt. Die Verkehrspolizei werde sich bei den Kontrollen künftig auf die häufigsten Unfallursachen konzentrieren – in der Stadt sind das Fehler beim Wenden und Abbiegen, beim Spurwechsel und Missachten von roten Ampeln und Vorfahrtsregeln. Die Verkehrsüberwachung deckt die Kontrolle des Tempolimits ab. An Unfallschwerpunkten stehen stationäre Blitzer, mit einer neuen, mobilen Anlage will die Stadt nun verstärkt an Ampeln Rotlichtverstöße ahnden.

Kommunalomat zur Wahl in Stuttgart

Das sagen die Grünen zur Ordnungspolitik

Stuttgart ist nach Auffassung der Grünen eine sichere Stadt. Dazu gehöre auch, dass der öffentliche Raum besser geworden und nun oft viel mehr ein Aufenthaltsraum als eine Restfläche sei. Das schaffe Sicherheit durch bessere Aufenthaltsqualität. Die Verschmutzung des öffentlichen Raums, der Parks und Aussichtspunkte sei weiterhin ein Ärgernis. Schmutzige Grünanlagen und Spielplätze würden zum weiteren Vermüllen einladen. Hier müsse Abhilfe geschaffen werden, auch durch mehr Kontrollen und mehr Eingriffsmöglichkeiten, denn Zigarettenkippen und Glasscherben hätten im Sandkasten absolut nichts zu suchen.

Verstöße im Verkehrsbereich seien kein Kavaliersdelikt. Zugeparkte Ecken und Fußgängerüberwege seien ein Sicherheitsproblem für junge und alte Fußgänger. Dies gelte es zu verhindern, durch mehr Überwachung, aber mit Augenmaß.

Das sagt die CDU zur Ordnungspolitik

Eine sichere und saubere Stadt trägt nach Ansicht der CDU zu einer guten Lebensqualität bei. Sie setze sich für eine gute Ausstattung von Polizei und Rettungskräften ein, damit diese auch zukünftig leistungsfähig seien. Außerdem hält die Union Polizeipräsenz vor Ort für wichtig. Daher setze sie sich für die Erhaltung der lokalen Polizeiposten und Polizeireviere ein. Die städtischen Sicherheitskräfte müssten personell gestärkt werden, damit sie den gestiegenen Anforderungen und erweiterten Aufgaben gerecht werden könnten, etwa beim Umwelt- und Gesundheitsschutz, beim Tierschutz und beim Schutz von Spielplätzen.

Das sagt die SPD zur Ordnungspolitik

Um Unfälle mit Kindern zu vermeiden, zumindest aber zu reduzieren, seien kindgerechte Verkehrserziehungsprogramme notwendig. Die CDU fördere Maßnahmen wie das Verkehrskasperle in der Kita, den Fußgänger- und Fahrradführerschein in der Grundschule oder die Aktion sicherer Schulweg.

Stuttgart gehört seit vielen Jahren zu den sichersten Großstädten nicht nur Baden-Württembergs, sondern der ganzen Bundesrepublik, meint die SPD. Und das solle auch so bleiben. Wer aber zuhause oder im öffentlichen Raum Opfer einer Straftat geworden sei, dem nütze diese Statistik nicht. Deshalb legten die Sozialdemokraten Wert darauf, dass zum Beispiel keine angstbesetzten öffentlichen Räume entstehen könnten und die städtische Ordnungsverwaltung eine entsprechende Personalausstattung habe. Die SPD erwartet von der Polizei, dass sie mit entsprechender Präsenz durch Streifen Einbrecher und Trickdiebe abschrecke, bei Veranstaltungen wie im Alltag. Letztlich sei jeder aber auch ein Stück für sich selbst verantwortlich. Das Gleichgewicht zwischen großstädtischer Attraktivität und Lebendigkeit zu individueller Wohlfühlatmosphäre müsse gewahrt bleiben.

Das sagen die Freien Wähler zur Ordnungspolitik

Stuttgart ist laut den Freien Wählern eine der sichersten Großstädte in Deutschland. Dennoch – und das würden die aktuell ansteigenden Zahlen von Wohnungseinbrüchen und Taschendiebstahldelikten zeigen – sei eine hohe Polizeipräsenz wichtig und wünschenswert. Leider habe die Stadt darauf keinen direkten Einfluss. Die Freien Wähler fordern deshalb eine gute personelle Ausstattung des städtischen Vollzugsdienstes (Feldschutz). Er wirke maßgeblich dabei mit, ein sicheres, geordnetes und gepflegtes Stadtbild zu erhalten. Zur Sicherheit gehöre aber auch die Sauberkeit, die der Gruppierung seit je her am Herzen liege. Die Freien Wähler wünschen sich in allen Stadtbezirken ausreichend öffentliche Mülleimer, die bedarfsgerecht entleert würden. Außerdem wollten sich auch weiterhin dafür einsetzen, Sauberkeit und Ordnung im Bewusstsein der Menschen zu verankern.

Das sagt die FDP zur Ordnungspolitik

Sauberkeit und Sicherheit seien die Visitenkarten der Stadt, meint die FDP. Um das zu gewährleisten, reichten oftmals kleine Maßnahmen aus; diese müssten aber angewendet werden. Die Liberalen wollen eine lebendige Stadt, in der Freiräume für jeden bestünden, und ein ordentliches Lebensumfeld, das allen Menschen offenstehe. Dennoch wolle die FDP die Einzelnen nicht aus der Verantwortung entlassen. Die Bürger müssten selbst aufmerksam sein und Verantwortung für Sauberkeit und Sicherheit übernehmen. Die FDP setze sich ein für eine bessere Ausstattung der Polizei vor Ort; die Reviere seien teils mit veralteter Technik ausgestattet. Die Polizeireform binde zu viel Kräfte, schaffe neue Bürgerferne, längere Wege und helfe nicht, mehr Polizei auf die Straße zu bringen. Stuttgart müsse sich beim Land für ausreichend Streifenbeamte und zeitgemäße Technik in den Polizeirevieren einsetzen.

Das sagen SÖS/Linke zur Ordnungspolitik

Die SÖS meint, das demokratische Miteinander müsse sich in Sicherheit entfalten können. Dafür brauche es nicht mehr Videoüberwachung, sondern mehr Kommunikation. Konflikte könnten in gegenseitiger Wertschätzung geregelt werden. Institutionen gehörten gestärkt, die der Kommunikation und Prävention dienen, um Verwahrlosung und Kriminalität vorzubeugen. Die Lösung sozialer Probleme sei dafür ein Schlüssel. Man müsse die Bedürfnisse der Schwachen wie Kindern und Jugendlichen, Obdachlosen und Prostituierten ernst nehmen.

Die Linke meint, das Zusammenleben in einer Kommune brauche Regeln, deren Einhaltung kontrolliert werden müssten. Der städtische Vollzugsdienst brauche dafür mehr Personal, aber auch die Feuerwehr, die personell am Limit sei. Die Rettung im Brandfall dürfe nicht gefährdet werden. Die Linke ist auch für die Sanierung der Feuerwachen.