Die AfD tritt zu den Kreistagswahlen am 26. Mai erstmals auf breiter Front an. Den Rechtsaußen werden zehn Sitze zugetraut.

Esslingen - Am 26. Mai, dem Superwahlsonntag, stimmen die Wähler nicht nur über die Zusammensetzung des Europaparlaments und der Gemeinderäte, sondern auch über die Sitzverteilung im künftigen Esslinger Kreistag ab. Das Wahlvolk entscheidet dabei über die Vergabe von bis zu 100 Sitzen, mögliche Überhangmandate eingerechnet. Was aber entscheiden die, die sich am Wahlsonntag in den insgesamt 13 Wahlkreisen von Esslingen bis Wendlingen durchsetzen?

 

Die wichtigsten Arbeitsfelder und die Kurzbilanz des seit dem Jahr 2014 amtierenden und nun ausscheidenden Kreistags im Schnelldurchlauf:

Krankenhäuser? Entgegen des Landestrends auf Erfolgskurs.

Kreisschulen? Wichtige Investitionen für die Zukunft, unbestritten.

Abfallwirtschaft? Seit Jahren sinkende Müllgebühren.

Öffentlicher Nahverkehr? Lieb, obwohl teuer.

Erstunterbringung von Flüchtlingen? Abgehakt.

Infrastruktur? Schnelles Internet kommt langsam, Flickschusterei auf den Straßen, Radler auf der Überholspur. Natur und Umwelt? Gemessen an der Bevölkerungs- und Industriedichte in einem 530 000 Einwohner zählenden Landkreises nicht schlecht.

Soziallandschaft? Gilt mittlerweile landesweit als vorbildlich.

Schuldenstand? Im Landesschnitt wegen der hohen Investitionen in Schulen und Krankenhäusern ebenfalls Spitze, aber noch beherrschbar.

Meist an einem Strang gezogen

Die Liste ist unvollständig und Wertungen dürften, je nach politischem Kompass, in ihrer Kürze auch Widerspruch provozieren. Unterm Strich aber steht fest: Die Männer und Frauen, die in der jetzt zu Ende gehenden Legislaturperiode das weite Feld der Kreispolitik beackert haben, haben eine zufriedenstellende Ernte eingefahren – auch, weil die 96 amtierenden Kreisrätinnen und Kreisräte – 30 von den Freien Wählern, 23 von der CDU, 19 von der SPD, 14 von den Grünen, fünf von der FDP, drei von der Linken und zwei Republikaner – über alle Parteigrenzen hinweg in der Vergangenheit meist an einem Strang gezogen haben.

Nahezu alle wegweisenden Entscheidungen im Esslinger Kreistag sind in den vergangenen fünf Jahren mit überwältigenden Mehrheiten getroffen worden. Das kann sich der Landrat Heinz Eininger (CDU), der von Amts wegen den Vorsitz im Kreistag führt, ans Revers heften, es ist aber auch der Diskussionskultur in einem Gremium geschuldet, das die Sachpolitik offenkundig obenan gestellt hat.

Nicht wenige befürchten, dass es mit dem Schulterschluss angesichts eines befürchteten Rechtsrucks im Kreisparlament schwieriger werden würde. Die AfD, der für den Sturm auf die Gemeinderäte die Substanz fehlt, tritt auf Kreisebene erstmals flächendeckend an, und auch die Republikaner haben sich hinter ihrem Frontmann Ulrich Deuschle wieder versammelt. Der vermutet rechts der CDU ein Potenzial von bis zu zehn Sitzen.

Mit der Bürgermeisterriege gegen Populismus

Nachdem die Christdemokraten mit dem Fraktionschef Martin Fritz und dem Stimmgaranten Karl Zimmermann zwei profilierte Kreisräte verloren haben, liegt die Hoffnung der bürgerlichen Mitte auf den Freien Wählern. Deren Bürgermeisterriege – kreisweit werfen für die Freien Wähler nicht weniger als 21 Rathauschefs den Hut in den Ring – gilt gemeinhin als stark genug, den populistischen Rechtsaußen zu trotzen.

Während die SPD auf die bewährten Kräfte setzt, das Urgestein Wolfgang Drexler noch einmal ins Rennen schickt und mit dem Amtsbonus der Kirchheimer Oberbürgermeisterin Angelika Matt-Heidecker rechnet, hoffen die Grünen, dass der Rückenwind aus Stuttgart und Berlin bis in den Kreis Esslingen reicht. Das Ziel, die SPD als drittstärkste Kraft abzulösen, wird auf jeden Fall nicht mehr nur hinter vorgehaltener Hand verbreitet.

Die FDP, mit dem unverwüstlichen Ulrich Fehrlen an der Spitze, muss alles daran setzen, um nicht zwischen der etablierten Konkurrenz von CDU, SPD und den Grünen auf der einen Seite und den aufstrebenden Linken und Rechten auf der anderen Seite zerrieben zu werden. In welcher Zusammensetzung auch immer – der neue Kreistag muss Großes stemmen. So steht nicht nur der Neubau zweier Landratsämter, sondern auch die Weiterentwicklung der Schul- und Krankenhauslandschaft mit einem Investitionsvolumen von insgesamt mehr als 250 Millionen Euro auf der Agenda.