Die Türken warten seit einer Woche auf das Endergebnis der Bürgermeisterwahl. Doch der Streit um die wichtigsten Städte scheint noch lange nicht vorbei.

Istanbul - Eine Woche nach der Kommunalwahl in der Türkei streiten Opposition und Regierungspartei weiter um die Bürgermeisterposten in Istanbul und Ankara. Die Regierungspartei AKP will alle Stimmen in Istanbul neu auszählen lassen, wie der stellvertretende Parteichef Ali Ihsan Yavuz am Sonntag erklärte. Zugleich wies das Außenministerium in Ankara Kritik des EU- Kommissionsvizechefs Frans Timmermans zurück, der gefordert hatte, das Ergebnis der Kommunalwahl vom vergangenen Sonntag zu respektieren.

 

Außenamtssprecher Hami Aksoy erklärte, die Äußerungen Timmermans zeigten die „doppelten Standards“ der EU. Man müsse die Einspruchszeit bei der Wahlbehörde achten.

Der Kandidat der größten Oppositionspartei CHP, Ekrem Imamoglu, hatte das Bürgermeisteramt in Istanbul nach vorläufigen Ergebnissen mit einem hauchdünnen Vorsprung vor Ex-Ministerpräsident Binali Yildirim gewonnen.

Neuzählung in mehreren Bezirken

Die AKP legte daraufhin Einspruch bei den lokalen Wahlbehörden in Istanbul ein und erwirkte damit eine Neuzählung der als ungültig gewerteten Stimmen in mehreren Bezirken. Vize-Parteivorsitzender Yavuz erklärte nun, seine Partei beantrage bei der höheren Instanz - der obersten Wahlkommission (YSK) - die Neuauszählung aller Stimmen in Istanbul. Er sprach von einer „organisierten Regelwidrigkeit“ bei der Kommunalwahl. Die Entscheidung der Behörde stand am Sonntag noch aus.

Nach Angaben von CHP und AKP ist ein Großteil der Nachzählung von ungültigen Stimmen in Istanbul abgeschlossen. Die Kandidaten liegen demnach noch rund 16 000 Stimmen auseinander. Imamoglu appellierte am Sonntag an die AKP, das Wahlergebnis endlich zu akzeptieren. „Bitte lasst diese Nation nicht weiter den Preis zahlen“, schrieb er auf Twitter.

Verkündung des Ergebnisses noch unklar

Auch in der Hauptstadt Ankara legte die AKP Einspruch ein, dort führt der Kandidat der CHP jedoch mit größerem Abstand. Die pro-kurdische Oppositionspartei HDP kritisierte unterdessen, ihre Anträge auf Neuzählung seien allesamt abgelehnt worden. Als Beispiel nannte die Partei die osttürkische Provinz Mus, die die AKP nach vorläufigen Ergebnissen mit nur etwas mehr als 500 Stimmen vor der HDP gewonnen habe. Die Wahlbehörden stünden unter dem Druck der Regierung, beklagte die HDP.

Der Präsident und AKP-Chef Recep Tayyip Erdogan hatte am Freitag betont, das letzte Wort habe die oberste Wahlkommission in Ankara. Wann diese das Endergebnis verkündet, ist jedoch noch unklar. Regierungsnahe Medien rechnen mit einer Erklärung Ende der Woche. AKP-Sprecher Ömer Celik sagte am Samstag, seine Partei werde das Endergebnis akzeptieren.

Rund 57 Millionen Türken waren am 31. März dazu aufgerufen, in 81 Provinzen Bürgermeister, Gemeinderäte und andere Kommunalpolitiker zu wählen. Die Wahlbeteiligung lag bei rund 84 Prozent. Landesweit wurde Erdogans AKP stärkste Partei. Allerdings verlor sie in Metropolen an Zuspruch.