Mehr als jeder zehnte Gäufeldener hat eine Protestnote gegen eine neue Verkaufsfläche unterschrieben – sie befürchten Verkehr, Lärm und Abgase.

Gäufelden - Was das Bahnhofsprojekt Stuttgart 21 für die Landeshauptstadt ist, das ist ein geplante Einkaufsfläche mit Supermarkt und Drogerie für die 9100-Einwohner-Kommune Gäufelden: ein Projekt, das die Gemeinde in Befürworter und Gegner spaltet. Die Befürworter – so der grüne Bürgermeister Johannes Buchter – argumentieren mit dem Wunsch vieler Einwohner nach einer besseren Nahversorgung und der Kaufkraft, die durch das Projekt in der Kommune gehalten würden. Die Gegner befürchten ökologische Nachteile durch die Versiegelung des Bodens sowie Belastungen durch mehr Verkehr, Lärm und Abgase.

 

Die Heftigkeit der Proteste hat auch die Entscheidungsträger überrascht: 950 Unterschriften haben die Supermarkt-Gegner gesammelt und im vergangenen Frühjahr an den Bürgermeister Johannes Buchter überreicht. Trotzdem geht er davon aus, dass der Protest die Planungen nicht aufhalten, sondern nur verzögern wird. Das Einkaufszentrum soll am westlichen Rand des Ortsteils Nebringen liegen, zwischen dem Ort und einem geplanten neuen Wohngebiet.

Supermarkt könnte Umsätze kleinerer Läden gefährden

Welche Parteien bei den Kommunalwahlen am 25. Mai vom Streitthema profitieren werden, ist unklar. Denn die Fronten verlaufen nicht entlang der Fraktionsgrenzen. Nur vier der 18 Mitglieder des Gemeinderats sind gegen die neue Einkaufsstätte, die Gegner verteilen sich auf alle Fraktionen. Kurioserweise ist es gerade die einzige grüne Gemeinderätin Almuth Keitel, die zu den leidenschaftlichsten Gegnerinnen des Projektes gehört. Denn sie betreibt im kleinsten Gäufeldener Teilort Tailfingen zusammen mit anderen Freiwilligen seit zwei Jahren einen kleinen Dorfladen.

Almuth Keitel lehnt das Projekt ab, weil sie befürchtet, dass ein großer Supermarkt die Umsätze der kleineren Läden im Zentrum Nebringens gefährden könnte. Auch die Versiegelung mehrerer tausend Quadratmeter Lößboden sieht sie als Problem. Als Bauland sind in Gäufelden in den letzten Jahren allerdings 65 Hektar Boden, das sind 650 000 Quadratmeter, ausgewiesen worden. Ob die Wähler die Supermarkt-Gegner für den Protest belohnen und die Parteien abstrafen, deren Mitglieder sich mehrheitlich für diese Pläne eingesetzt haben, bleibt abzuwarten.

Betonbau aus den 70er wird zur Schule der Zukunft

Bei einem anderen Projekt herrscht hingegen große Einigkeit in Gäufelden: Die bisherige Werkrealschule wird zur Gemeinschaftsschule – in Zusammenarbeit mit dem Nachbarort Bondorf. Die Gemeinderäte sind sich sicher: ohne diese Entscheidung hätte der Schulstandort Gäufelden keine Zukunftschance gehabt. Beim Umbau der Schule geht Gäufelden außerdem neue Wege: Architekturstudenten aus Stuttgart sollen in einem Wettbewerb die Schulräume der Zukunft entwerfen. Dass das Gebäude ein Betonbau aus den 1970er Jahren ist, wird dabei ausnahmsweise zum Vorteil. Wände lassen sich hier ohne Probleme versetzen.

Fast 43 Jahre ist es her, dass sich Nebringen, Öschelbronn und Tailfingen zur neuen Gemeinde Gäufelden zusammengeschlossen haben. Obwohl die Ortsteile geografisch voneinander getrennt sind, hat sich den Gemeinderäten zufolge seitdem ein Gemeinschaftsgefühl entwickelt – und die Einwohnerzahl von 4 100 auf 9 100 mehr als verdoppelt.