Grüne und CDU streiten nach wie vor über die Finanzierung von Horten und ähnlichen Angeboten. Doch der Städtetag will nicht länger auf die Zuschüsse warten.

Stuttgart - Der Städtetag Baden-Württemberg erwartet rund 63 Millionen Euro zusätzlich vom Land für die Betreuung von Grundschulkindern. „Das Land darf sich nicht länger zu Lasten der Eltern und Kommunen aus der Verantwortung stehlen“, sagte Norbert Brugger, der Bildungsdezernent des Städtetags, unserer Zeitung. Der Bedarf sei sehr groß. Kultusministerin Susanne Eisenmann (CDU) hat auch bereits angekündigt, dass das Land neue Angebote wieder fördern will. Die Summen sind jedoch noch unklar. Die Koalition ist sich nicht einig. Das Land unterstützt seit 2014 keine neuen kommunalen Betreuungsgruppen mehr, sondern finanziert Ganztagsgrundschulen. Jedoch ziehen Eltern flexible Nachmittagsbetreuung den Ganztagsschulen häufig vor. Bis jetzt ist nicht einmal jede fünfte der 2500 Grundschulen eine Ganztagsschule (19,5 Prozent). Die damalige grün-rote Regierung hatte erwartet, dass innerhalb von zehn Jahren 70 Prozent der Grundschulen auf Ganztagsbetrieb umstellen würden. Diese Zielmarke werde bei weitem nicht erreicht, darin sind sich Politik und Kommunen inzwischen einig.

 

Mehr und höhere Zuschüsse verlangt

Die Städte drängen jetzt darauf, dass das Land seine Zusagen einhält. Bis jetzt stehen für ältere Betreuungsangebote 77 Millionen Euro im Haushalt. 23 Millionen Euro zusätzlich erwartet der Städtetag pro Jahr für die neu eingerichteten Gruppen. Die Städte erneuern auch ihre Forderung, dass das Land seine Sätze um 40 Prozent erhöhen müsse. Die Fördersätze seien seit dem Jahr 2000 unverändert. Die Aufstockung würde 40 Millionen Euro jährlich kosten.

Doch der Städtetag will auch den Ausbau von Ganztagsschulen weiter vorantreiben. Im städtischen Bereich seien Ganztagsschulen durchaus gewünscht. „Die Schwelle zur Ganztagsschule muss gesenkt werden“, fordert der Bildungsdezernent Brugger. Momentan werde die Ganztagsschule „mit Anforderungen und Erwartungen überfrachtet.“ Die Folge für die Städte als Schulträger: „Das schreckt viele vom Schritt zum Ganztag ab.“

Da wäre der enorme Verwaltungsaufwand. Eine Pauschalierung und die Budgetierung der Landesfördermittel können die Kommunen entlasten, argumentiert der Städtetag und verlangt entsprechende Regelungen von der Landesregierung. Kultusministerin Susanne Eisenmann (CDU) erklärt: „Der Wunsch nach Finanzierung aus einem einheitlichen Budget bedarf einer breiteren, sorgfältigen Prüfung.“ Doch sie verwirft die Idee nicht: „Im Grundsatz begrüßen wir das. Je weniger Aufwand die Schulen mit organisatorischen Fragen haben, umso mehr können sie sich auf die Pädagogik konzentrieren“. Zur pauschalen Pro-Kopf-Bezuschussung verweist sie auf ein laufendes Pilotprojekt. Das Land wolle den Verwaltungsaufwand erheblich verringern.

Ganztagsbetrieb auch für weiterführende Schulen

Obwohl sich die Nachfrage bei Ganztagsgrundschulen in Grenzen hält, pocht der Städtetag darauf, dass Grüne und CDU auch den Ganztagsbetrieb an weiterführenden Schulen gesetzlich verankern, wie es der Koalitionsvertrag vorsieht. Verschiedene Schulen und Städte hätten Interesse angemeldet. Wenn der Plan verwirklicht werden solle, müssten die Abstimmungen jetzt beginnen, drängt Brugger. Doch er warnt: „Nach den Erfahrungen mit den Grundschulen dürfen die Trauben nicht zu hoch gehängt werden.“ Als pragmatische Lösung erscheine es, den Ganztagsbetrieb zunächst in den Klassen 5 bis 7 zu verankern.

Bei den Grünen stößt der Städtetag auf offene Ohren, was die Ganztagsschulen angeht. „An erster Stelle steht für uns, dass wir die Rahmenbedingungen für den Ganztag verbessern“, sagte die bildungspolitische Sprecherin Sandra Boser auf Anfrage. Auch würden sich die Grünen dafür einsetzen, „dass die Ganztagsschule in der Sekundarstufe 1 ihre Fortsetzung findet“ und aus den bisherigen Modellversuchen „ein gut ausgestattetes, gesetzlich verankertes Angebot wird.“ Dabei sind die Grünen nicht sehr weit von Susanne Eisenmann entfernt. Die Kultusministerin erklärt, „unser mittelfristiges Ziel ist es, den Ganztag auch in der Sekundarstufe I schulgesetzlich zu etablieren.“ Die Vorarbeiten dazu würden laufen.

Ministerin teilt den Standpunkt des Städtetags

Differenzen in der Koalition gibt es nach wie vor bei der Finanzierung der kommunalen Betreuung. Die Kultusministerin findet die Forderung der Städte verständlich und will die Deckelung der Betreuungsangebote aufheben. Dabei kalkuliere das Ministerium „mit einem ähnlichen Finanzvolumen“ wie der Städtetag. Eine Erhöhung der Fördersätze stehe allerdings derzeit nicht im Fokus. „Der Wunsch ist aber nachvollziehbar“, so die Ministerin.

Die Grünen sind da deutlich zurückhaltender. „Betreuungsangebote wollen wir nur an Standorten fördern, an denen keine Ganztagsschule eingerichtet ist“, betont Sandra Boser. Dort seien ihre Fraktion bereit, „über eine Finanzierung der kommunalen Betreuung als Einstieg in ein Mittagsangebot zu sprechen.“ Allerdings müsse pädagogisch geschultes Personal eingesetzt werden. Und, so betont Boser, „es muss allen klar sein, dass die finanziellen und personellen Ressourcen begrenzt sind.“ Für die Grünen hätten Projekte Vorrang, „die die Qualität an unseren Schulen stärken.“