Schon bevor Tayfun Korkut in Stuttgart vorgestellt wurde, hagelte es Kritik und böse Kommentare. Ein Kommunikations-Experte erklärt, wie der VfB Stuttgart am besten auf die Fans reagieren sollte.

Stuttgart - Tayfun Korkut hat keinen einfachen Start in Stuttgart. Die Fans der Roten reagierten auf den Trainerwechsel nicht besonders glücklich. Vor allem im Internet hagelte es wütende Kommentare der VfB-Anhänger. Wie man mit einer solchen Negativwelle umgehen kann, erklärt Wolfgang Schweiger. Er ist Professor an der Uni Hohenheim und leitet dort das Fachgebiet für Kommunikationswissenschaft mit Schwerpunkt auf interaktive Medien- und Onlinekommunikation.

 
Herr Schweiger, wie entsteht ein Shitstorm?
Das passiert, wenn in kürzester Zeit viele Menschen auf einer sozialen Plattform negative Kommentare abgeben. Auslöser dafür kann eine Krise bei einem Verein oder Unternehmen sein oder eine missverständliche Mitteilung. Ein Shitstorm ist dynamisch, wird immer lauter, immer erregter – wie ein Schneeballeffekt. Bis dann die Luft raus ist. Und das geht meist sehr schnell, in ein oder zwei Tagen.
Was kann man als Betroffener tun?
Besonnen und transparent dort reagieren, wo der Shitstorm stattfindet. Es bringt nichts, eine Pressemitteilung auf der eigenen Website zu veröffentlichen, wenn der Shitstorm auf Facebook stattgefunden hat. Das lesen die Betroffenen gar nicht.
Wie könnte der VfB seine Fans beruhigen?
An das Verständnis und die Mitmenschlichkeit der Fans appellieren, ihm eine Chance zu geben. Es handelt sich beim Trainer schließlich auch um einen Menschen, nicht nur um eine Funktion. Solche Angriffe verletzen auch einen Menschen, der schon Öffentlichkeitserfahrung hat. Daran sollte erinnert werden.
Wie schützt man sich vor so einer Situation?
Gar nicht – man kann sich aber vorbereiten und beispielsweise eine Kommunikationsstrategie entwickeln. Besonders dann, wenn es um eine so umstrittene Personalie geht wie aktuell in Stuttgart, ist das mehr als ratsam. Das, hoffe ich, hat der Verein vorab getan.
Ist es im Fußball besonders hart?
Fußball ist ein sehr emotionaler Sport. Entsprechend emotional wird auch online agiert. Hass und Enttäuschung werden dort entsprechend transportiert. Ich vermute, dass Spieler, Trainer und Funktionäre deshalb entsprechend geschult und vorbereitet werden, eben weil es ein emotionaler Sport ist.
Wieso ist Hass im Netz „so einfach“?
Man bekommt sehr schnell und einfach mit, dass sich andere aufregen, und kann selbst in wenigen Sekunden darauf reagieren und sich mitaufregen. Außerdem ist das Opfer nicht sichtbar, die Hemmschwelle ist niedrig. Und Fans können sich in der Fußball-Community mit besonders „krassen“ Kommentaren profilieren und ihr eigenes Standing damit verbessern.