Kompromiss im Streit um Werbung in Stuttgart Plakatflächen am Straßenrand sollen bleiben

Plakate an Gehwegen soll es weiterhin in Stuttgart geben, künftig als „Sandwich“ – mit beidseitiger Werbung. Foto: Stadtkultur

Die Stadtverwaltung wollte in einem Streich das Stadtbild aufräumen, doch damit hätten vor allem die Kulturveranstalter ihre Werbeflächen an Gehwegen verloren. Jetzt zeichnet sich ab, dass es diese Plakate weiterhin geben soll – künftig sogar auch auf der Rückseite bespielt.

Stuttgart - Die neue Konzeption für Werbung an Straßen und auf Plätzen in Stuttgart ist so schnell nicht zu machen, wie es das technische Referat geplant hatte. Ein erster Vorschlag hatte die Veranstalter gegen das Konzept aufgebracht, und für die neuen Leitlinien gegen sexistische diskriminierende Werbung besteht weiterer Beratungsbedarf. Das Thema ist deswegen von der jüngsten Tagesordnung des Ausschusses für Stadtentwicklung und Technik genommen worden, und auch der Gleichstellungsbeirat muss sich außerplanmäßig bis zu einer Sondersitzung am 23. Juni gedulden.

 

Günstige Werbeflächen sollen fallen

Statt 50 unbeleuchteten Plakatgroßflächen im Stadtgebiet sollen nur noch 25 außerhalb des Talkessels erlaubt sein. Statt 620 nur noch 500 Litfaßsäulen, und davon nur noch 50 in der Innenstadt. Statt 200 nur noch 150 Plakatvitrinen, 50 davon in der Innenstadt. Die sogenannten Gehwegabschrankungen (GWA) mit Werbung für Konzerte, Theatervorstellungen, Messen oder Weindorf sollten zugunsten des Stadtbilds wegfallen – zulasten kleinerer Veranstalter, die sich die Großflächen nicht leisten können. Dagegen hatten Veranstalter mit Erfolg protestiert: Die Plakate sollen nur noch an 42 Standorten entfernt werden.

Stadträte machen Gegenvorschläge

Und es gibt weitere Gegenvorschläge zum Entwurf der Verwaltung. Bei einem außerordentlichen Treffen am 30. April sprachen sich Stadträte für den Erhalt aller GWA-Standorte aus, die Veranstalter aus Sport, Kultur und Messe schlagen vor, auch die dem Gehweg zugewandte Seite der Werbeflächen zu nutzen. In einem Antrag zeigen die Freien Wähler Flagge: „Auf den ersten Blick schien diese Entrümpelung des öffentlichen Raumes und des Stadtbildes durchaus nachvollziehbar und in gewisser Weise auch wünschenswert“, heißt es dort. „Da sich im Nachgang ein ganz anderes Bild über Bedarf und Nutzen der Werbeträger an Gehwegabschrankungen ergeben hat, meinen wir jetzt, dass diese Form der Werbung im öffentlichen Raum im bisherigen Umfang erhalten werden soll.“

Werbeflächen verdoppeln

Die CDU hat auf Initiative ihres kulturpolitischen Sprechers und Stadtrats Jürgen Sauer einen Kompromiss erarbeitet: „Wir plädieren dafür, alle Standorte zu erhalten und als ,Sandwich’ zu nutzen, also beidseitig bedruckt. Diejenigen Standorte, die man aus Gründen der Verkehrssicherheit aufgeben will, sollen kompensiert werden. Wenn wir uns am 17. Mai erneut treffen, schauen wir, wo es dafür weiße Flächen gibt.“ Laut Sauer habe es bei den anderen Fraktionen keine Einwände gegen die beidseitige Nutzung der GWAs gegeben, die Fraktionsgemeinschaft von Linke, SÖS und Piraten hingegen besteht weiterhin auf den Abbau der Werbeflächen. Am 15. Juni berät der Ausschuss für Stadtentwicklung das Thema erneut.

Attraktive Standorte sind gefragt

„Dieser Vorschlag ist aus unserer Sicht wirklich gut“, sagt Christian Ludewig. Er ist Geschäftsführer der Stadtkultur Stuttgart GmbH, die mehr als 500 GWAs mit Werbung bestückt. Er habe nichts dagegen, die Plakate dort abzunehmen, wo sie ein Sicherheitsproblem darstellen. „Ich würde aber davon abraten, sie auch an besonders attraktiven Standorten abzuhängen wie beispielsweise am Charlottenplatz oder am Berliner Platz.“

Werber fürchten um Erlöse

Die Zeit drängt, weil die neuen Werbeverträge in diesem und im nächsten Jahr ausgeschrieben werden sollen. Trotzdem: „Es ist gut, dass man sich für dieses Thema Zeit lässt“, sagt Detlef Theer, Leiter der Landesvertretung der Außenwerbungsfirma Ströer. „Diese Verträge werden nur alle 15 Jahre neu geschlossen, dafür sollte man also alle Leute ins Boot holen.“ Dass der erste Verwaltungsvorschlag nun korrigiert werden soll, lässt ihn auf einen verträglichen Kompromiss hoffen. Bisher sieht er vor allem Einschnitte: In der Quantität, in der Qualität der Standorte, die sich mehrheitlich in die Außenbezirke verlagern sollen. Damit sinke ihre Attraktivität für Werber und letztendlich auch der Erlös. Theer spricht von einer Größenordnung in siebenstelliger Höhe.

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