Das neue Prostituierten-Schutzgesetz tritt am 1. Juli in Kraft, um Prostituierte vor Ausbeutung und Zwang schützen. Vor allem die Kondompflicht ist umstritten.

Wochenend-Magazin: Markus Brauer (mb)

Stuttgart - Erstmals hat das Sexgewerbe das Bundesverfassungsgericht angerufen. Am Mittwoch reichten in Karlsruhe 25 Beschwerdeführer, darunter Prostituierte, Sexbetriebe und Freier, eine Klage gegen das Prostituierten-Schutzgesetz (Gesetz zum Schutz von in der Prostitution tätigen Personen – ProstSchG) ein. Sie sehen in dem ab 1. Juli 2017 in Kraft tretenden Gesetz „einen massiven Eingriff in die Grundrechte von Sexarbeiterinnen“.

 

Klage gegen Prostituierten-Schutzgesetz

Die Freiheit der Berufswahl sei gefährdet, die informationelle und sexuelle Selbstbestimmung sowie die Unverletzlichkeit der Wohnung, sagte der Verfasser der Klageschrift, Rechtsanwalt Meinhard Starostik.

„Insgesamt stellt das Gesetz die Prostitution unter ein Ausnahmeregime mit totaler Kontrolle, was durch die tatsächlichen Gefahren in diesem Wirtschaftszweig nicht gerechtfertigt ist“, sagt Starostik, der auch Richter am Verfassungsgerichtshof des Landes Berlin ist. Nach seinen Angaben arbeiten bundesweit 200 000 Frauen und Männer im Sexgewerbe.

Ab sofort Kondompflicht

Das im Oktober 2016 verabschiedete „Gesetz zur Regulierung des Prostitutionsgewerbes sowie zum Schutz von in der Prostitution tätigen Personen“ verpflichtet Prostituierte unter anderem, ihre Tätigkeit zum Stichtag 1. Juli anzumelden, eine jährliche Gesundheitsberatung wahrzunehmen und Behörden den Zutritt zu den Geschäftsräumen zu gewähren. Die Kondompflicht ist festgeschrieben und Kommunen können Auflagen erteilen und einzelnen Mitarbeitern die Tätigkeit verbieten.

In den Paragrafen 32 und 33 des ProstSchG heißt es zur Kondompflicht:

§ 32: (1) Kunden und Kundinnen von Prostituierten sowie Prostituierte haben dafür Sorge zu tragen, dass beim Geschlechtsverkehr Kondome verwendet werden.

(2) Der Betreiber eines Prostitutionsgewerbes ist verpflichtet, auf die Kondompflicht in Prostitutionsstätten, in sonstigen regelmäßig zur Prostitution genutzten Räumen und in Prostitutionsfahrzeugen durch einen gut sichtbaren Aushang hinzuweisen . . .

§ 33: (3) Die Ordnungswidrigkeit kann . . . mit einer Geldbuße bis zu fünfzigtausend Euro . . . geahndet werden.“

Kritik von Prostituierten-Organisationen

Auch die Frankfurter Prostituiertenorganisation Doña Carmen kritisiert in Karlsruhe das Gesetz. Die Regelungen seien durch die zahlreichen Kontrollmaßnahmen entwürdigend und beraubten Prostituierte ihrer Grundrechte, kritisiert die Sprecherin des Vereins, Juanita Henning. Sie bezeichnet die Klage als ein „Akt der Notwehr“, da ab 1. Juli die Frauen stigmatisiert und wie Täterinnen behandelt würden.

Letztlich gehe es dem Gesetzgeber nicht um einen Opferschutz, sondern um Schließung der Betriebe, so Henning. Sex-Arbeiterinnen würden „einem System entwürdigender Kontrollen unterworfen“ und ihrer Grundrechte beraubt, schreibt der Verein in seiner Beschwerde. „So verdrängt man 200 000 Frauen schamlos an den Rand der Gesellschaft, treibt viele von ihnen in die Illegalität und vernichtet ihre Existenz.

„Kondom des Grauens“

Welche nachteiligen Folgen Kondome für das Liebesleben haben können, zeigt auch die deutsche Filmkomödie „Kondom des Grauens“ aus dem Jahr 1996, die in den USA unter dem Titel „Killer Condom“ vermarktet wurde.