Konferenz SXSW Texas sucht den Weg in die Zukunft

Besucherin auf der SXSW: ein Einblick in die Zukunft. Foto: SXSW/Alexa Gonzalez Wagner

Auf der Digital- und Kreativmesse South by Southwest werden von Freitag an die Themen von Morgen verhandelt. Welche fünf Trends spielen in diesem Jahr eine wichtige Rolle?

Austin - Drei Klischees über Texas: erzkonservativ, erdölsüchtig, in Waffen vernarrt. In allen drei Punkten mag sich mehr als ein Körnchen Wahrheit verbergen. Und doch passt nichts davon zu jenem Bild, dass sich von Freitag an in den Straßen, Bars und Kongresszentren der texanischen Millionenmetropole Austin zeigen wird: Die Veranstalter des Kongresses South by Southwest (SXSW) erwarten in den nächsten anderthalb Wochen 400 000 Besucher aus aller Welt. In Texas spricht die Frau von Facebook-Chef Zuckerberg, die Gründer von Instagram plaudern aus dem Nähkästchen. Die SXSW ist berühmt dafür, dass hier erstmals Fragen aufgeworfen werden, die später die gesellschaftliche Debatte bestimmen. Was steht in diesem Jahr im Mittelpunkt?

 

1. Wie sieht ein moderner Feminismus aus, und wer steht für ihn?

Das Gegenbild zu Donald Trump: jung, weiblich, selbst ernannte Sozialistin, ihre Familie stammt aus Puerto Rico – fertig ist die Kurzbiografie von Alexandria Ocasio-Cortez, der mit 29 Jahren jüngsten Kongressabgeordneten der Vereinigten Staaten. Wenn die Politikerin am Samstag in Austin auftritt, werden sich alle Augen auf den Shootingstar der Demokratischen Partei richten. Ocasio-Cortez steht für einen gegen Trump wieder erstarkten Feminismus in den USA, der sich vom Twitter-Gewitter des Präsidenten nicht einschüchtern lässt. Viele Diskussionsbeiträge in Austin kreisen um die Macht der Frauen. Eine Managerin von Amazon Prime erzählt, wie sich der Status quo der dominanten Männer in Technikunternehmen erschüttern ließe. Die selbst ernannten „Mütter des Widerstands“ diskutieren darüber, weshalb es vielen Frauen so schwer fällt, ein Gleichgewicht zwischen Arbeit und Privatleben zu finden. In Texas wird klar: Frauen wollen in Zeiten von Metoo ihr Stück vom Kuchen. Und das rasch.

2. Wie lässt sich die Vertrauenskrise in der Gesellschaft überwinden?

Wohl selten zuvor hat sich die Gesellschaft stärker nach unumstößlichen Wahrheiten gesehnt. Alles scheint erschüttert: das Vertrauen in die Rolle der USA auf der politischen Weltbühne, das Vertrauen in die Technologiekonzerne, die einst angetreten sind, um alle miteinander zu vernetzen und die Welt zu verbessern. Stattdessen ist die politische Debatte vergiftet von Hasskommentaren, Wahlen werden durch Fake-News manipuliert. Auf der South by Southwest wird deutlich, dass die Diskussion darüber, wie zerstörtes Vertrauen wieder hergestellt werden kann, mehr Raum einnimmt. Die Antwort darauf ist komplex: In Austin geht es unter anderem darum, wie Google, Facebook & Co. zur Verantwortung gezogen werden können, um gegen Fake-News vorzugehen. Auch die Rolle von Staaten, die gezielt digitale Propaganda als politische Waffe einsetzen, wird hinterfragt. Einige Experten setzen große Hoffnungen auf den Einsatz von Künstlicher Intelligenz (KI) beim Kampf gegen gefälschte Texte und gefälschte Videos.

3. 50 Jahre nach der Mondlandung – wovon träumen wir als Nächstes?

Als der amerikanische Präsident John F. Kennedy 1960 den Wettlauf zum Mond eröffnete, sagte er: „Wir feiern die Vergangenheit, um mit ihr die Zukunft zu erwecken.“ Ganz ähnlich könnte es in diesem Jahr laufen, wenn die Menschheit sich an jenen Moment erinnert, an dem für einen Augenblick die Gegensätze zwischen Nationen und Rassen aufgehoben schienen: Am 21. Juli 1969 betrat Neil Armstrong als erster Mensch den Mond. 50 Jahre nach der Mondlandung stehen viele Debatten in Austin unter dem Eindruck dieses Jubiläums. Sie alle eint die Frage: Was kommt als Nächstes? In Austin spricht darüber unter anderem der frühere Apollo-Astronaut Charlie Duke, der auf aktuelle Nasa-Mitarbeiter trifft. Inzwischen gibt es neue Mitspieler in der Raumfahrt: China ist als erste Nation auf der „Rückseite“ des Mondes gelandet und plant Mars-Missionen, der Chef der Europäischen Raumfahrtagentur (Esa) träumt von einem Dorf auf dem Mond.

4. Wie einsam machen uns die sozialen Medien?

„Wir haben 10 000 Follower – aber keine Freunde.“ So lautet die provokante These einer Diskussion in Austin, bei der Wissenschaftler das Bild einer Generation zeichnen wollen, in der viele Jüngere alles für ihr Profil auf Instagram tun, aber das wahre Leben auf der Strecke bleibt. Bei einer aktuellen Umfrage über soziale Medien in Deutschland sagt gut die Hälfte der Befragten, dass sie befürchten, dass Freundschaften im „echten Leben“ künftig an Bedeutung verlieren würden. In Austin diskutieren darüber sowohl Manager von Tech-Konzernen als auch Mediziner, die vor den negativen gesundheitlichen Folgen von Einsamkeit warnen: Bluthochdruck, Schwächung des Immunsystems, Depressionen. Experten aus der Technologie- und der Medienbranche fragen: „Sind die sozialen Medien das neue Fast Food – und gibt es gesündere Alternativen?“

5. Welche Rolle spielt künftig die Ethik bei der Künstlichen Intelligenz?

Künstliche Intelligenz (KI) ist das große Schlagwort der zweiten Hälfte dieses Jahrzehnts. Dank KI sollen dereinst autonome Autos sicher fahren, dank ihr weiß Amazon fast alles über seine Kunden, dank ihr entwickelt sich die Erkennung von Tumoren in der Medizin weiter. Nun dreht sich jedoch die Diskussion, wie Veranstaltungen auf der South by Southwest zeigen: Es geht nicht mehr nur um geschäftliche Verheißungen der Künstlichen Intelligenz, sondern auch darum, wie KI ethisch korrekt eingesetzt werden soll. Wie die Technik dem Menschen dient und nicht der Mensch der Technik. Im Zentrum der Debatte steht der Schutz der menschlichen Privatsphäre und der Kampf gegen Überwachung durch Staaten und Cyberkriminelle. In Austin stellen Wissenschaftler Fragen, die weit in die Zukunft reichen und an den Grundfesten des Menschen rütteln: Kann Künstliche Intelligenz die menschliche Intelligenz erhöhen? Und falls ja: Wäre dies wünschenswert?

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