Alle Friedensappelle verpuffen, ein Ende der Gewalt zwischen Ex-Rebellen und Soldaten ist im Südsudan nicht in Sicht. Seit Freitag kamen mindestens 270 Menschen ums Leben. Haben Präsident Kiir und sein Erzrivale Machar noch die volle Kontrolle über ihre Anhänger?

Juba - In der südsudanesischen Hauptstadt Juba werden die seit fünf Tagen anhaltenden Gefechte zwischen Anhängern von Präsident Salva Kiir und Vizepräsident Riek Machar immer heftiger. Bewohner berichteten am Montag von schweren Angriffen mit Artillerie und Handfeuerwaffen sowie Explosionen.

 

Unabhängigkeit des Südsudans

Die Kämpfe waren am vergangenen Donnerstag ausgebrochen, unmittelbar vor dem fünften Jahrestag der Unabhängigkeit des Südsudans am 9. Juli. Soldaten, die loyal zu Präsident Kiir stehen, versuchten an einer Straßensperre, bewaffnete Anhänger von Vizepräsident Machar anzuhalten und festzunehmen. Es kam zu einer Schießerei zwischen den Bewaffneten, wie die Vereinten Nationen (UN) bestätigten.

Präsident Kiir gehört zu den Dinka, der größten und einflussreichsten Volksgruppe im Südsudan. Machar ist dagegen ein Nuer. Das ist eine etwas kleinere Gruppe. Der Konflikt im Südsudan entwickelte sich auch entlang dieser ethnischen Linien. Seit Ende 2013 fielen ihm Zehntausende Menschen zum Opfer, rund 2,5 Millionen weitere befinden sich nach Angaben der Vereinten Nationen auf der Flucht.

Bei Kämpfen wurden zwischen Freitag und Sonntag in Juba laut Angaben der Regierung rund 270 Menschen getötet. Zu den Opfern gehören auch zwei chinesische Blauhelmsoldaten, wie der chinesische Fernsehsender CCTV berichtete. Nach UN-Angaben sollen zudem auch ruandische Soldaten der UN-Friedensmission (UNMISS) verletzt oder getötet worden sein.

Heftige Gefechte

„Es gibt heftige Gefechte in der Gegend um den UN-Stützpunkt“, sagte Charles Oyet, ein Bewohner des Stadtteils Jebel Kujur der Deutschen Presse-Agentur am Montag. Er habe sich zuhause, rund 300 Meter von dem Hauptsitz der nationalen Sicherheitsbehörde, unter seinem Bett versteckt.

Ein Sprecher der früheren Rebellen (SPLA-IO), Lul Ruai Koang, bestätigte die Kämpfe nahe dem Flughafen. Internationale Fluggesellschaften wie Kenyan Airways und Rwandair hatten am Sonntag ihre Flüge nach Juba eingestellt.

Die US-Botschaft hat einige Mitarbeiter aufgefordert, das Land zu verlassen. Mehrere Hilfsorganisation haben ihre internationalen Mitarbeiter außer Landes gebracht.

„Es hätte Südsudans fünfter Geburtstag sein sollen“, sagte der Direktor der Hilfsorganisation Oxfam im Südsudan, Zlatko Gegic. „Ich könnte mir kein schrecklicheres Geschenk vorstellen: mehr Kämpfe, Verlust von Leben, mehr Vertreibung und weniger Hoffnung.“

Schockiert und abgestoßen

Präsident Kiir, aber auch die Vereinten Nationen hatten am Sonntag die Soldaten aufgefordert, die Kämpfe sofort zu beenden. „Ich bin schockiert und abgestoßen von den schweren Kämpfen, die derzeit in Juba geschehen“, sagte UN-Generalsekretär Ban Ki Moon in New York. Der UN-Sicherheitsrat berief für Mittwoch eine Krisensitzung ein.

Nach Angaben des Flüchtlingshilfswerk der Vereinten Nationen (UNHCR) sind Tausende Menschen vor den neuen Gewaltausbrüchen geflohen und an Ugandas Grenzen gestrandet. „Wir bereiten uns auf eine Massenzustrom vor“, sagte UNHCR-Sprecher Charles Yaxley der Deutschen Presse-Agentur am Montag. Sie errichteten Notlager und stellten medizinische Versorgung bereit. Rund zwei Drittel der Flüchtlinge seien Kinder, sagte Yaxley.