Novum im Einzelhandel: Der Verdi-Tarifbezirk Baden-Württemberg ist intern schwer unter Druck geraten. Grund ist die Unzufriedenheit vieler Gewerkschafter in anderen Bundesländern mit dem Tarifergebnis im Südwesten. Dieses wird nicht als Pilotabschluss anerkannt.

Politik: Matthias Schiermeyer (ms)

Stuttgart - (ms). Die Freude über den Tarifabschluss im baden-württembergischen Einzelhandel ist in der Gewerkschaft gedämpft. Denn in den anderen Tarifgebieten gibt es Widerspruch – dort wollen viele hauptamtliche Verdi-Vertreter das Ergebnis, das am Donnerstagabend in Korntal-Münchingen erzielt wurde, nicht als Pilotergebnis akzeptieren. Sie sind der Ansicht, dass mit weiteren Streiks nach der Sommerpause eine kräftigere Gehaltserhöhung herauszuholen gewesen wäre. In Internetforen entzündete sich bereits eine heftige Debatte. Die internen Attacken auf den einflussreichen Südwestbezirk sind ein Novum.

 

Für zwei Jahre Reallohnsteigerungen erreicht

Die Vereinbarung mit dem Handelsverband Baden-Württemberg für 24 Monate bis Ende März 2019 bringt den 490 000 Einzel- und Versandhandelsbeschäftigten im Land einen zweistufigen Zuwachs: 2,3 Prozent zum 1. Juni 2017 und 2,0 Prozent zum 1. April 2018 – zudem 50 Euro im März 2018. Für Verdi Baden-Württemberg ist das ein guter Abschluss, wie versichert wird. Damit würden voraussichtlich in beiden Jahren Reallohnsteigerungen erreicht, so der Verhandlungsführer Bernhard Franke. In der Verhandlungskommission gab es eine klare Mehrheit dafür, und die Große Tarifkommission – die am 9. August endgültig über die Annahme beschließen soll – hatte sich bereits vorigen Freitag für ein Ergebnis etwa auf dem Niveau des Großhandelsabschlusses ausgesprochen. In der Schwesterbranche wurde Mitte Juni eine Anhebung von 2,5 und 2,0 Prozent vereinbart. Diese Marke wurde nun knapp verpasst.

Konflikt könnte sich noch hinziehen

Den anderen Verdi-Tarifbezirken ist allerdings zu wenig erreicht worden. Möglicherweise wird sich der Konflikt dort noch hinziehen. Am 2. August wird in Niedersachsen und Mitteldeutschland verhandelt, am 8. August in Mecklenburg-Vorpommern und Bayern sowie am 29. August in Nordrhein-Westfalen. Speziell NRW hat weitere Streikaktionen angekündigt, um den Druck aufs Arbeitgeberlager aufrechtzuerhalten.