Die türkischen Streitkräfte und verbündete Rebellengruppen rücken immer tiefer nach Syrien vor und liefern sich heftige Gefechte mit kurdischen Milizen. Auch viele Zivilisten geraten ins Kreuzfeuer.

Beirut - Der Kampf zwischen den türkischen Streitkräften und kurdischen Milizen im syrischen Grenzgebiet wird immer erbitterter geführt. Allein seit der Nacht zu Sonntag seien mindestens 35 Menschen bei türkischen Luftangriffen und Artilleriebeschuss getötet worden, die meisten von ihnen Zivilisten, berichtete die Syrische Beobachtungsstelle für Menschenrechte.

 

Die Türkei hatte am vergangenen Mittwoch erstmals Bodentruppen nach Syrien geschickt, um verbündete Rebellen bei der Eroberung der Stadt Dscharablus von der Terrormiliz Islamischer Staat zu unterstützen. Die Operation namens „Schutzschild Euphrat“ diente aber auch dazu, die von den Kurden-Milizen YPG angeführten Demokratischen Kräfte Syriens an weiteren Bodengewinnen östlich des Euphrat zu hindern. Am Samstag flog die Türkei auch erstmals Luftangriffe gegen die Kurden-Milizen.

Die USA unterstützen die YPG, die sich als besonders erfolgreich im Kampf gegen den IS erwiesen haben. Die Türkei sieht sie hingegen als verlängerten Arm der verbotenen türkischen Arbeiterpartei PKK an und fürchtet, dass sie versuchen könnten, im Grenzgebiet ihren eigenen kurdischen Staat zu schaffen.

Mehrere syrische Rebellenfraktionen, die von der Türkei unterstützt werden, erklärten am Sonntag, sie hätten die Kurden aus vier Dörfern südlich von Dscharablus vertrieben. Unter anderem posteten die Rebellen Fotos aus dem in den vergangenen Tagen besonders heftig umkämpften Ort Amarne.

Ein Ort völlig entvölkert

Nach Angaben der Syrischen Beobachtungsstelle für Menschenrechte wurden bei türkischen Luftangriffen und Artilleriebeschuss in zwei Dörfern der Region 35 Menschen getötet. Ein Ort, Beir Chussa, sei völlig entvölkert, berichtete die kurdische Nachrichtenagentur Anha.

Ein Sprecher der Demokratischen Kräfte Syriens, Scherwan Darwisch, sagte, die türkischen Luftangriffe hätten die ganze Nacht und auch am Sonntag noch angedauert. In Beir Chussa und in anderen Orten seien viele Zivilisten getötet worden. Eine Zahl nannte er nicht. Er beschuldigte die Türkei und ihre Verbündeten, den Demokratischen Kräften Syriens und damit auch dem von den USA angeführten Bündnis bei ihrem Kampf gegen den IS in den Rücken zu fallen. Die staatliche syrische Nachrichtenagentur Sana berichtete von 20 Toten und warf der Türkei vor, die Souveränität Syriens zu missachten.

Parallel dazu ging im Südosten der Türkei der Konflikt mit der PKK weiter. Deren Kämpfer hätten ein Polizei-Kontrollposten auf dem zivilen Flughafen Diyarbakir beschossen, berichtete die staatliche Nachrichtenagentur Anadolu. Es habe keine Verletzten gegeben, die Schäden seien gering. Die Passagiere seien in Sicherheit gebracht worden. In der Provinz Siirt wurden am Sonntag zudem fünf Mitglieder einer Bürgerwehr verletzt, als ihr Auto auf eine Sprengfalle fuhr. Auch für diese Attacke wurde die PKK verantwortlich gemacht.