US-Präsident Donald Trump klingt in seinen Aussagen mehr und mehr wie Norkoreas Diktator Kim Jong-un. Das ist aber auch ein Zeichen der Hilflosigkeit, kommentiert der Asien-Korrespondent Finn Mayer-Kuckuk.

Peking - Ob US-Präsident Donald Trump sich von der Rhetorik seines Erzfeinds Kim Jong-un hat anstecken lassen? Nordkorea werde „Feuer und Wut“ begegnen, „wie es die Welt niemals zuvor gesehen hat“, sollte das Land die USA weiter bedrohen, sagte er. Zuvor hatte Diktator Kim Jong-un den USA mit einem Atomschlag gedroht und verkünden lassen, dass „gnadenlos Feuer und Raketen auf die verantwortungslosen US-Imperialisten und ihre dreckigen Marionetten herabregnen“ würden. Da haben sich zwei gefunden, die sich zumindest sprachlich verblüffend ähnlich sind.   Aus den markigen Worten der beiden Machtmenschen spricht jedoch vor allem Unsicherheit, wie es jetzt weitergehen soll.

 

Kim hat zwar mit seinen neu entwickelten Atomwaffen gerade Oberwasser, doch eine Reihe seiner Ziele rückt zugleich in die Ferne. Er wollte die Wirtschaftsleistung steigern und den Lebensstandard der Bevölkerung erhöhen. Jetzt aber, wo China den Handel zurückfährt, dürfte davon wenig übrig bleiben. Kim hat in der Kombination aus Bombe und Rakete zwar ein ultimatives Machtmittel. Doch er bleibt Diktator eines immer ärmer werdenden Landes.

Los Angeles liegt in Reichweite, Berlin auch

Die Supermacht USA wiederum versucht seit den frühen neunziger Jahren, Nordkorea von seinem Atomkurs abzubringen. Dennoch hat Kims Vater Jong-il im Jahr 2006 seine erste Kernwaffe erfolgreich getestet. Sein Sohn hat nun den Durchbruch geschafft: Sein Militär hat die Interkontinentalraketen entwickelt, mit denen sich die Bombe in entfernte Länder tragen lässt. Damit liegt womöglich Los Angeles in Reichweite – aber auch Berlin, falls es Kim einfallen sollte, einen Flugkörper Richtung Westen abzufeuern.

Kim hat zwar keinen Grund, Berlin anzugreifen. Es gibt aber eine andere Anwendung für diese Waffen: Sie sind eigentlich Weltraumraketen. Wenn sie von einem hohen Scheitelpunkt wieder auf den Planeten herabfallen, werden sie so schnell, dass Abwehrsysteme sie kaum noch erfassen können. Sie eignen sich so für einen besonders effektiven Angriff auf deutlich nähere Ziele wie etwa den Erzfeind Japan. Im Raum Tokio wohnen 30 Millionen Menschen. Die Wirtschaftsleistung dieser einen Stadt ist um ein Fünftel höher als die Russlands. Die Katastrophe wäre unvorstellbar und könnte die Weltwirtschaft in eine Rezession reißen, zumal dann Krieg in Asien herrschte. Japans Regierungschef hat sich daher erst kürzlich vom Parlament die Befugnis geben lassen, auf konkrete Bedrohungen auch durch vorbeugende Einsätze reagieren zu können. Wer da nicht an das Bild vom „Streichholz und Benzinkanister“ denkt!

Ein Geschäft wie mit dem Iran wäre denkbar

Abgesehen von der immensen Katastrophe für die Menschen würde die Weltwirtschaft Jahre brauchen, um sich von einem Krieg in Ostasien zu erholen.   Kim will natürlich keinen Krieg. Er eröffnet sich mit den Bomben aber die Möglichkeit, das Ausland zu erpressen und beispielsweise Geld, Öl oder Lebensmittel im Gegenzug für eine Verringerung seines Arsenals zu fordern. Er giert zudem nach Anerkennung in der Weltgemeinschaft. Das wären alles Ansatzpunkte, um den Konflikt zu entschärfen.

Nachdem Trump also erst einmal glaubwürdig mit Feuer und Vergeltung droht – das ist immerhin eine Sprache, die Kim versteht –, könnte er im zweiten Schritt die Realität anerkennen und Unterhändler schicken. Ein ähnliches Geschäft wie mit dem Iran wäre denkbar. Alle Ausrüstung zur Herstellung von Atombomben und Raketen kommt unter Aufsicht. Die vorhandenen Bomben sind getrennt von den Raketen zu lagern. Nordkorea bleibt im Besitz der Waffen, darf unter diesen Bedingungen aber wieder mit der Außenwelt handeln. Steigender Wohlstand ist zudem die beste Chance für Veränderungen in Nordkorea, die nicht katastrophal verlaufen und neue Flüchtlingsströme auslösen. Fragt sich nur, ob die Option kluger Gespräche mit der Regierung Trump realistisch ist.