Mit dem Stück „Kongo Müller“ feiert das Stuttgarter Theater Rampe eine Premiere und erinnert an einen brutalen Söldner. Es ist eine Spurensuche, aber zugleich auch eine Reflexion über die Mittel des Theaters.

Kultur: Adrienne Braun (adr)

Stuttgart - Die Bundeswehr wollte ihn nicht. Dabei hat sich Siegfried Müller in der Wehrmacht eisern hochgedient und kehrte mit Medaillen behängt aus dem Zweiten Weltkrieg zurück. Im Frieden aber wird Müller nicht mehr gebraucht. Also geht er als Söldner nach Afrika und macht Karriere. Er wird Major und arbeitet hart an seinem Ruf, kaltschnäuzig den Schwarzen die „westliche Ideologie“ beizubringen. „Kongo-Müller“ war einer der ganz Harten – „Ich kille auch Neger“.

 

Es ist eine interessante wie widerwärtige Figur, an die in der Rampe erinnert wird. Der Regisseur Jan-Christoph Gockel und der Schauspieler Laurenz Leky sind in den Kongo gereist, um nachzuspüren, was dort von Müller und dem „deutschen Wesen“ noch anzutreffen ist. Ihre Produktion „Kongo Müller“ ist eine Spurensuche – und eine Reflexion über die Mittel des Theaters.

„Wir schlagen da brutal zu“

Laurenz Leky steht allein auf der Bühne – und doch ist Kongo-Müller stets präsent. Er wurde 1966 für einen DDR-Film interviewt – erst freundlich lächelnd, später schwer betrunken und entlarvend in der Wortwahl. Auf der Bühne werden Ausschnitte aus dem Gespräch gezeigt, auf die Leky reagiert. Er greift Tonfall, Formulierungen und Fragen auf und überträgt sie auf sich. „Ich bin Diplomschauspieler“, sagt er und beginnt, von sich zu erzählen, wie er und Gockel einen Antrag für Projektmittel gestellt und sich schließlich auf den Weg nach Afrika gemacht haben. Fotos zeigen sie im Flugzeug, in Hotels im Kongo.

In einem lebendigen Wechselspiel ahmt Leky die Personen nach, die er getroffen hat, etwa Martin Kobler, der die Friedensmission der Vereinten Nationen im Ostkongo leitet. Leky stellt Gespräche mit Einheimischen nach, die weder Müller noch Kobler kennen, sondern nur die deutsche Fußball-Nationalmannschaft. So vermischen sich auf der Bühne Koblers Einsatz und das Training der Fußballnationalmannschaft – „Wir schlagen da brutal zu.“

Kluges Bühnenexperiment

Laurenz Leky ist präsent, klar und steckt voller Energie. Er agiert präzise im Wechselspiel mit den Filmeinspielungen. Er spricht Hessisch und (leidlich) Schwäbisch, er parodiert die Gestalten – und beweist dabei kabarettistisches Können. Manches ist etwas simpel und auch sprachlich nicht allzu ausgefeilt („Ich find’s geil, dass wir in den Kongo fahren“). Lästig ist auch, dass die Zuschauer mitspielen müssen und Statements nicht nur laut vorlesen, sondern brüllen sollen. Einige Zuschauer landen sogar mitten auf der Bühne und müssen mitspielen. Aber das ist durchaus konsequent, weil „Kongo Müller“ eben nicht den Illusionsapparat bedienen will, sondern das eigene Vorgehen sichtbar macht und selbstkritisch die Mittel des Theater nutzt. So ist es am Ende mehr als nur ein Abend über eine historisch bemerkenswerte Figur, sondern auch ein unterhaltsames wie kluges Bühnenexperiment.