Der Ölpreis steigt. Gleichzeitig belasten Rohstoffknappheit und Lieferengpässe die Industrie. Das weckt böse Erinnerungen an die Siebzigerjahre.

Korrespondenten: Barbara Schäder (bsa)

Frankfurt - Die Preise für Öl und Erdgas steigen kräftig, gleichzeitig schrauben die Wirtschaftsforschungsinstitute reihenweise ihre Wachstumserwartungen nach unten. Das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) etwa prognostiziert nach einem kräftigen Plus im gerade abgelaufenen Quartal einen „stürmischen Winter, in dem die deutsche Wirtschaft kaum von der Stelle kommt“.

 

Sind das die Vorboten einer Stagflation? So wird eine Kombination aus starker Inflation und Stagnation, also wirtschaftlichem Stillstand, bezeichnet. In Deutschland und zahlreichen weiteren Staaten trat dieses Phänomen nach dem Ölpreisschock in den Siebzigerjahren auf. Vor einer Wiederholung warnte bereits Ende August der US-Ökonom Nouriel Roubini. Da er zu den wenigen Volkswirten gehört, die frühzeitig die Finanzkrise 2008 voraussagten, finden seine Prognosen weltweit Beachtung.

Lohn-Preis-Spirale

Aber lässt sich die aktuelle Situation tatsächlich mit den Siebzigerjahren vergleichen? Schon 1971 lag die Inflationsrate bei fünf Prozent. Die Gewerkschaften setzten in jenen Jahren extrem hohe Lohnabschlüsse durch, was wiederum die Produktionskosten und damit die Preise von Waren und Dienstleistungen in die Höhe trieb. Der Ölpreisschock im Herbst 1973 gab der Teuerung einen weiteren Schub, die Inflationsrate kletterte auf sieben Prozent. Gleichzeitig sank die Industrieproduktion.

Lohnerhöhungen im damaligen Umfang sind heute schon wegen der verstärkten Konkurrenz durch Niedriglohnländer schwer vorstellbar. Zudem ist das Gewicht der Dienstleistungsbranchen in der Wirtschaft gestiegen, wo die Tarifbindung und damit die Verhandlungsmacht der Gewerkschaften geringer ist als in der Industrie.

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Gleichzeitig sind auch Preiserhöhungen für viele Produkte in Zeiten der Globalisierung nicht mehr so leicht durchzusetzen wie früher. Zwar seien bei einigen Waren und Dienstleistungen deutliche Preissteigerungen zu beobachten, sagt Andreas Jobst, Leiter der volkswirtschaftlichen Analyse bei der Allianz. So machten sich die Lieferengpässe bei Ersatzteilen für Fahrzeuge, die Verteuerung von Holz und Zement bei Möbeln und Baupreisen bemerkbar. „Aber bezogen auf alle Waren und Dienstleistungen kann in Deutschland nur etwa ein Drittel des Preisdrucks an die Verbraucher weitergegeben werden.“ Das hänge mit dem hohen Wettbewerbsdruck zusammen.