Die IHK Region Stuttgart erwartet in diesem Jahr nur eine leichte Konjunkturabschwächung und weniger Arbeitslose.

Stuttgart - Herbert Müller räumt es unumwunden ein: "Das hat so niemand erwartet, es ist ein sensationeller Aufschwung", sagt der Präsident der Industrie- und Handelskammer (IHK) Region Stuttgart. Entsprechend ist die Stimmungslage in den Unternehmen fast euphorisch. Die aktuelle Konjunkturumfrage der IHK, an der sich etwa 1000 Unternehmen beteiligt haben, ist noch einmal besser ausgefallen als der auch schon nicht schlechte Stimmungstest im Herbst 2010. Der boomende Export, der ganz Deutschland aus der Wirtschaftskrise gerissen hat, ist schneller als bei früheren Konjunkturaufschwüngen auf die Binnenwirtschaft übergesprungen; Inlandsinvestitionen und der Konsum nehmen also zu.

Die Folge sind Planungen, die auf weitere Expansion ausgerichtet sind, genauer: auf höhere Investitionen und auf die Einstellung von Mitarbeitern. Ganz ähnlich fallen die Ergebnisse einer landesweiten Umfrage bei 4000 Unternehmen aus, die der Baden-Württembergische Industrie- und Handelskammertag durchgeführt hat.

Fachkräftemangel befürchtet


Die IHK Region Stuttgart geht zwar davon aus, dass das Wachstumstempo in Baden-Württemberg auf etwa 3,5 (2010: rund 4,75) Prozent abgebremst wird - und sich die Region ähnlich entwickelt -, aber nach Einschätzung von IHK-Hauptgeschäftsführer Andreas Richter wird die Arbeitslosenlosenquote die Marke von vier Prozent touchieren. Zum Vergleich: im Dezember 2010 lag diese Quote bei 4,6 Prozent, nachdem sie zu Jahresbeginn noch 6,3 Prozent erreicht hatte. Die Zahl der Unternehmen, die Neueinstellungen planen, ist bei der aktuellen Umfrage auf 29 Prozent (Herbstumfrage 2010: 23 Prozent) gestiegen. Die Kehrseite der Medaille ist eine Verknappung des Arbeitskräfteangebots, was mittlerweile 30 Prozent der Unternehmen (zuvor 25 Prozent) als Risiko für ihre Entwicklung betrachten. Den absehbaren Trend beschreibt Kammerpräsident Herbert Müller so: "Während der für die Jahre 2014 und 2022 erwarteten konjunkturellen Spitzen werden in Baden-Württemberg mehr als 300.000 Fachkräfte fehlen."

Trotz des anhaltenden Aufschwungs, der nach Müllers Prognose wohl auch im kommenden Jahr nicht enden wird ("Auch ein drittes gutes Jahr ist möglich"), sieht der IHK-Präsident durchaus Risiken für die weitere Entwicklung. Dazu gehören neben den weiterhin nicht gebannten Gefahren durch die hohen Staatsschulden gegenwärtig insbesondere die steigenden Preise für Rohstoffe und Energie. Den Unternehmen bereitet es große Sorgen, dass Rohstoffe wie zum Beispiel Kupfer immer teuerer werden. Zum Jahreswechsel 2008/09 kostete das Metall 3000 Dollar je Tonne; mittlerweile liegt der (Rekord-)Preis bei 10.000 Dollar.

Nicht nur die Industrie, sondern fast die Hälfte aller Betriebe in der Region sieht in den Preissteigerungen ein Risiko. Aber in der Industrie sind es sogar drei von vier Unternehmen; ähnlich sieht es im Transportgewerbe aus. Dabei spielt eine Rolle, dass die höheren Preise auf die Erträge drücken, weil die Verteuerungen nicht oder nur teilweise an die Abnehmer weitergegeben werden können. Müller hält es für möglich, dass die Inflationsrate, die in Deutschland in den beiden zurückliegenden Jahren bei 0,4 Prozent (2009) und 1,1 Prozent (2010) lag, auf gut vier Prozent anzieht.