Baden-Württemberg ist deutlich stärker vom Einbruch der Exporte betroffen als der deutsche Außenhandel insgesamt. In den fünf wichtigsten Warengruppen für verarbeitende Betriebe im Land sind die Ausfuhren rückläufig.

Stuttgart - Baden-Württemberg ist deutlich stärker vom Einbruch der Exporte betroffen als der deutsche Außenhandel insgesamt. Die Industrie im Südwesten hat nach Angaben des Statistischen Landesamtes vom Freitag im ersten Halbjahr 2013 Waren im Wert von 86 Milliarden Euro ins Ausland abgesetzt, im entsprechenden Vorjahreszeitraum waren es noch rund 90 Milliarden Euro. Damit sind die Exporte zwischen Januar und Juni dieses Jahres um 4,1 Prozent im Vergleich zu 2012 eingebrochen. Bundesweit waren die Ausfuhren lediglich um 0,6 Prozent von 550 auf 547 Milliarden Euro zurückgegangen.

 

Vom Einbruch im Südwesten ist jeder der fünf wichtigsten Ausfuhrzweige betroffen: Der Exportschlager Kraftfahrzeuge und Kraftfahrzeugteile verzeichnete ein deutliches Minus von 5,6 Prozent und lag im 1. Halbjahr bei 19,5 Milliarden Euro. Der Maschinenbau als zweitwichtigste Warengruppe verlor gegenüber dem Vorjahr fünf Prozent und kam auf 18,1 Milliarden Euro. Die Pharmaprodukte erlitten den stärksten Einbruch; der Bereich schrumpfte um 21,7 Prozent auf 6,3 Milliarden Euro. Leichte Rückgänge von jeweils rund einem Prozent verbuchten Datenverarbeitungsgeräte, elektronische und optische Erzeugnisse sowie elektrische Ausrüstungen, teilte das Statistische Landesamt mit.

Schuld sind der Wettbewerb und schlechte Rahmenbedingungen

Als Ursachen für diese Entwicklung hat die Industrie- und Handelskammer Region Stuttgart vor allem den härter werdenden internationalen Wettbewerb, aber auch zunehmende weltweite Handelsbarrieren und Bürokratie sowie verschlechterte Rahmenbedingungen am Standort Deutschland ausgemacht. „Zwar setzt die Südwestwirtschaft ihre Internationalisierungsstrategie mit weltweiten Investitionen fort und erschließt neue Absatzchancen in den Weltmärkten“, sagte IHK-Präsident Georg Fichtner am Freitag in Stuttgart, „aber der Gegenwind wird stärker.“ Fichtner sieht Handlungsbedarf vor allem bei der Bundes- und Landespolitik. Die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen in Deutschland müssten verbessert werden.

IHK fordert Abbau von Handelshemmnissen von der Politik

Die IHK Region Stuttgart hat am Freitag einen 12-Punkte-Plan mit Forderungen an die Politik zur „Stärkung der Wirtschaft im weltweiten Wettbewerb“ vorgestellt. Der Plan enthält eine Steuerreform, transparente Regeln im Zollrecht, die Beseitigung von Handelshemmnissen, den Schutz geistigen Eigentums sowie den Abbau von bürokratischen Hürden für die Außenwirtschaft. „Gerade die zunehmende Bürokratisierung läuft weitgehend außerhalb des öffentlichen Bewusstseins ab“, kritisierte der Hauptgeschäftsführer der IHK in Stuttgart, Andreas Richter.

Die Unternehmen der Region sind laut der Kammer trotz zunehmender Schwierigkeiten stark im Ausfuhrgeschäft engagiert. So lag die Exportquote des verarbeitenden Gewerbes 2012 bei 65 Prozent, während sie im Landesdurchschnitt gut 50 Prozent betrug.

Die USA bleiben der wichtigste Handelspartner

Die Vereinigten Staaten sind unangefochten die Nummer eins unter den Zielländern für Ausfuhren aus Baden-Württemberg. Im ersten Halbjahr 2013 bauten die USA ihre Position als wichtigster Handelspartner sogar noch einmal um 2,5 Prozent auf ein Volumen von neun Milliarden Euro aus. Das teilte das Statistische Landesamt am Freitag in Stuttgart mit. Die Industrie- und Handelskammer Region Stuttgart erwartet weitere Wachstumsimpulse für die Handelsbeziehungen mit den USA. Grund zum Optimismus liefern laut IHK-Präsident Georg Fichtner die Anfang Juli aufgenommenen Verhandlungen zum transatlantischen Freihandelsabkommen zwischen der EU und den USA.

Rückläufig sind dagegen die Exporte von Industrieprodukten aus dem Südwesten in andere wichtige Märkte. Zwar konnte Frankreich die Schweiz von Platz zwei verdrängen, aber nur deswegen, weil die Eidgenossen einen noch stärkeren Rückgang an Importen aus Baden-Württemberg verzeichneten als die Franzosen. Beide Länder importierten in den ersten sechs Monaten dieses Jahres weniger als im gleichen Vorjahreszeitraum (Schweiz minus 13,9 Prozent, Frankreich minus 5,5 Prozent). Deutlich brach auch der Wert der Exporte aus Baden-Württemberg nach China ein: Die Volksrepublik belegt als wichtigster Impulsgeber im asiatischen Raum nach einem starken Rückgang der Ausfuhren um gut 22 Prozent nur noch Rang fünf. Die Niederlande zogen trotz eines leichten Minus an China vorbei.

Knapp zwei Drittel der Exporte gehen ins europäische Ausland

Positiv entwickelten sich dagegen die europäischen Handelspartner Vereinigtes Königreich, Polen, Ungarn und die Türkei. Nach wie vor gehen knapp zwei Drittel der baden-württembergischen Exporte (gut 56 Milliarden Euro) in das europäische Ausland, jedoch verringerten sich die Ausfuhrwerte im ersten Halbjahr 2013 mit minus 4,7 Prozent deutlich. Die Exporte in die EU sanken ebenfalls – um 3,7 Prozent auf 44 Milliarden Euro. In Asien (minus 7,9 Prozent) legten – entgegen dem Gesamttrend – die Ausfuhren in die Asean-Staaten (unter anderem Thailand, Indonesien und die Philippinen) um 9,5 Prozent spürbar zu. Noch deutlicher fiel der Zuwachs bei den Exporten nach Südkorea aus (plus 14 Prozent).

Auch die Einfuhren nach Baden-Württemberg sind im ersten Halbjahr deutlich geschrumpft. Der Südwesten importierte Waren im Wert von 68,5 Milliarden Euro, was einem Minus von 5,6 Prozent entspricht. Bundesweit gingen die Einfuhren im selben Zeitraum um 1,6 Prozent zurück.