Das Wachstum der deutschen Wirtschaft lässt nach Ansicht der LBBW-Experten merklich nach. Noch liegt Baden-Württemberg über dem Bundesdurchschnitt. Doch das könnte sich ändern.

Wirtschaft: Ulrich Schreyer (ey)

Stuttgart - Die Konjunktur in Deutschland kühlt sich ab. Zu diesem Ergebnis kommen die Analysten der Landesbank Baden-Württemberg (LBBW) in ihrer jüngsten Analyse. „2019 wird nochmals ein gutes Jahr, aber besser als das alte wird es nicht mehr werden“, meint Uwe Burkert, Chefvolkswirt der LBBW. Das Bankhaus senkt seine Prognose für das Wirtschaftswachstum in Deutschland von bisher 2,0 auf nur noch 1,8 Prozent. Für das zu Ende gehende Jahr wird deutschlandweit mit einem Plus um 1,9 Prozent gerechnet. Nach Ansicht der Landesbank bedeutet das geringere Wachstum aber noch nicht an Anfang einer Krise.

 

Baden-Württemberg wird nach Meinung der LBBW-Experten sowohl in diesem als auch im kommenden Jahr den bundesdeutschen Durchschnitt übertreffen. Für den Südweststaat rechnet Burkert im zu Ende gehenden Jahr mit einem Plus um 2,2 Prozent, für 2019 immerhin noch mit einer Steigerung der Wirtschaftsleistung um 2,1 Prozent. Damit liegt Baden-Württemberg bundesweit an zweiter Stelle hinter Bayern. Für den Freistaat prognostizieren die LBBW-Analysten 2019 ein Wachstum um 2,2 Prozent. Weltweit rechnet die LBBW mit einem Plus um 3,7 Prozent.

Noch liegt Baden-Württemberg über dem Bundesdurchschnitt

Auf längere Sicht könnte das Wachstum im Südwesten nach Ansicht der LBBW aber schwächer als im Bund werden: So wird für 2022 im Bund immerhin noch ein Plus von 1,1 Prozent erwartet, für Baden-Württemberg dagegen nur noch ein Zuwachs um etwas mehr als einem Prozent. Dies liegt nach Ansicht von Rolf Schäffer, Kapitalmarktstratege bei der LBBW, auch daran, dass die Wirtschaft im Lande zyklischer reagiert als anderswo. „Baden-Württemberg ist schneller im Aufschwung, wird aber auch bei einem Abschwung härter getroffen“, meint Schäffer. Er räumt allerdings ein, eine Prognose bis 2022 sei mit Vorsicht zu genießen.

Unter allen Flächenstaaten ist Baden-Württemberg nach der Untersuchung der LBBW das Land mit den prozentual am meisten in im Ausland aktiven kleinen und mittleren Unternehmen: Immerhin ein Viertel dieser Unternehmen ist in der einen oder anderen Form auch jenseits der Grenzen tätig. Bundesweit liegt der Anteil dagegen nur bei 21 Prozent. Trotz aller weltpolitischen Risiken bleibt Chefvolkswirt Burkert auch für die Entwicklung des Welthandels optimistisch. Er rechnet damit, dass der Handelsstreit zwischen den USA und China beigelegt wird, aber auch damit, dass es schnell eine für die Wirtschaft akzeptable Lösung für den Brexit gibt. Angesichts sinkender Wachstumsraten und voller Kassen fordert Burkert die Bundesregierung auf, die Unternehmen steuerlich zu entlasten. Dies sei schon deswegen nötig, weil etwa die USA und England die Steuern gesenkt hätten.

EZB könnte Anfang 2020 den Leitzins erhöhen

Schäffer rechnet damit, dass die Europäische Zentralbank (EZB) Anfang 2020 ihren Leitzins leicht anheben könnte. Dies bedeutet, dass Banken dann wieder Zinsen für bei der Zentralbank angelegte Gelder erhalten. Dies heißt aber noch nicht, dass dann auch die Sparer für ihre Guthaben sofort wieder höhere Zinsen bekommen. Mit Blick auf das schwächere Wachstum rät Schäffer dazu, riskante Geldanlagen zu reduzieren. Der Deutsche Aktienindex Dax könnte seiner Ansicht nach bis Mitte 2019 noch auf bis zu 13 000 Punkte steigen, dann aber bis Ende des kommenden Jahres auf 12 500 Punkte zurückfallen. Für Aktienkäufe empfiehlt er unter anderem Versicherungen, die Chemiebranche und die Autoindustrie. Nach Ansicht Burkerts ist es aber falsch, wenn die Autoindustrie sich zu sehr auf batteriegetriebene Elektrofahrzeuge fixiert. Statt in Deutschland Kapazitäten zur Produktion von Batterien aufzubauen sei es sinnvoller, die Entwicklung von Fahrzeugen mit Wasserstoffantrieb voranzutreiben. Bei Batterien sei die Entsorgungsfrage ungelöst, zudem die Infrastruktur bei Stromtankstellen zu schlecht.