Die künftige Regierung kann aus dem Vollen schöpfen. Die führenden Wirtschaftsforschungsinstitute haben die Prognosen erhöht. Der künftigen Bundesregierung bietet sich ein großer Spielraum für neue Ausgaben, Steuer- und Beitragssenkungen, meint unser Finanzexperte Roland Pichler.

Berlin - Selten zuvor kann eine künftige Regierung derart aus dem Vollen schöpfen. Die führenden Wirtschaftsforschungsinstitute haben die Prognosen erhöht. Mit jeweils rund zwei Prozent Wachstum in diesem und nächstem Jahr läuft der Konjunkturmotor rund. Der ungewöhnlich lange Aufschwung geht ins fünfte Jahr. Bis jetzt sind keine Bremsspuren zu erkennen. Die Investitionen ziehen an und die gute Beschäftigungslage lässt die Nachfrage der Verbraucher steigen. Hinzu kommt, dass die Staatskassen so voll wie noch nie sind. Rechnet man die Überschüsse in Bund, Ländern, Gemeinden und Sozialkassen zusammen, ist in diesem Jahr ein gesamtstaatliches Etatplus von 28 Milliarden Euro zu erwarten – der Überschuss könnte bis 2019 auf 44 Milliarden Euro steigen. Der künftigen Bundesregierung bietet sich damit großer Spielraum für neue Ausgaben, Steuer- und Beitragssenkungen.

 

Die gröjßten Fehler der Haushaltspolitik werden in guten Zeiten gemacht

Darin liegt aber auch eine Gefahr. Die Ökonomen weisen darauf hin, dass die größten Fehler in der Haushaltspolitik in guten Zeiten gemacht werden. Unter dem Eindruck voller Kassen werden neue Ausgabenprogramme aufgelegt, die in schlechteren Zeiten nur mit neuen Schulden finanziert werden können. Auf diesen Punkt muss die Politik bei dieser Regierungsbildung besonders achten. Bei einer Jamaikakoalition sitzen vier Parteien am Tisch. Damit könnte die Neigung wachsen, dass jede Partei ihre Klientel bedient. Das wäre der falsche Weg. Ohne die Verständigung auf zentrale Schwerpunkte geht es nicht. Die hohen Überschüsse werden wegen der momentan niedrigen Zinsen nicht von Dauer sein. Die Politik sollte deshalb auch in entspannten Zeiten maßhalten. Die Wirtschaftsforschungsinstitute weisen völlig zu Recht darauf hin, dass Steuerentlastungen und Beitragssenkungen überfällig sind.

Seit Jahren häufen Bund und Länder Haushaltsüberschüsse an. Es ist an der Zeit, den Bürgern etwas zurückzugeben. Die künftige Regierung sollte deshalb alles daransetzen, um eine mutige Steuerreform auf den Weg zu bringen. Auch die Senkung des Beitrags zur Arbeitslosenversicherung bietet sich an. Damit könne der Grundstein für neues Wachstum gelegt werden.