Internetkonzerne wie Google oder Amazon könnten ins Kerngeschäft der Kreditwirtschaft vordringen, warnt Felix Hufeld, Chef Finanzaufsicht. Banken und Sparkassen müssten ihre Geschäftsmodelle überdenken. In Fusionen sieht er kein Allheilmittel.

Korrespondenten: Barbara Schäder (bsa)

Frankfurt - Große Internetkonzerne wie Google oder Amazon stellen nach Einschätzung von Bankenaufseher Felix Hufeld eine echte Bedrohung für klassische Geldhäuser dar. „Es ist möglich, dass Big Techs die Finanzwelt, wie wir sie kennen, mittelfristig stark verändern werden“, sagte der Chef der Finanzaufsicht Bafin am Freitag auf einer Konferenz der „Börsen-Zeitung“. Google bietet bereits eine App für Zahlungen mit dem Smartphone an, die mit Konten diverser Banken oder dem Online-Dienst Paypal funktioniert. Amazon-Kunden können über ihr Konto bei dem Online-Kaufhaus auch bei einigen anderen Web-Shops einkaufen.

 

Künftig könnten die Internetgiganten noch weitere Finanzdienstleistungen anbieten, entweder durch Beantragung eigener Banklizenzen oder in Kooperation mit etablierten Instituten, sagte Hufeld. „In jedem Fall könnten sie die Kundenschnittstelle besetzen“ und damit an „wertvolle Transaktionsdaten gelangen“. Mithilfe von Datenanalysen könnten diese genutzt werden, um Angebote für die Nutzer stärker zu personalisieren. Dank ihrer Einnahmen aus anderen Geschäften könnten die Big Techs Finanzdienstleistungen quersubventionieren und „vielleicht sogar im Extremfall kostenfrei anbieten“, sagte Hufeld. Einige klassische Banken müssten sich künftig wohl „mit der Rolle als Zulieferer begnügen, ihr Geschäftsmodell ändern oder aus dem Markt ausscheiden“.

Noch ist das Rennen nicht gelaufen

Zwar halte er „Nachrichten über den Tod der klassischen Banken für verfrüht und übertrieben“, sagte der Bafin-Chef, die Kreditwirtschaft müsse sich aber für die Herausforderungen rüsten. Investitionen in IT-Systeme und technisch versiertes Personal allein würden dafür nicht reichen, „in vielen Fällen wird ein Neudenken der Geschäftsmodelle nötig sein“. Noch hätten Banken und Sparkassen den Internetkonzernen ein „über Jahrzehnte angesammeltes Fachwissen voraus“. Die Technologiekonzerne hätten aber bewiesen, dass sie schnell dazulernten: „Wer hätte vor zehn Jahren gedacht, dass eine Handelsplattform wie Amazon sich zu einem führenden Film- und Unterhaltungsproduzenten wandelt?“

Zu Großbankenfusionen als Mittel zur Stärkung etablierter Kreditinstitute äußerte sich Hufeld indes skeptisch. Mit Blick auf Spekulationen, die Commerzbank könnte nach Abbruch der Fusionsverhandlungen mit der Deutschen Bank von einem ausländischen Wettbewerber übernommen werden, sagte der Bafin-Chef: „Ich trete gerne denen entgegen, die mir das Hohe Lied der europäischen Konsolidierung singen, und verweise auf die Komplexität eines solchen Cross-Border Mergers (Anmerkung der Redaktion: einer grenzüberschreitenden Fusion).“ Grundsätzlich spreche nichts gegen grenzüberschreitende Zusammenschlüsse, aber: „Da sollte man schon mit dem gebotenen Respekt rangehen“, so Hufeld.