In Heilbronns Nachbarstadt Neckarsulm boomen die Künste. Die Gartenschau soll die alte Rivalität zwischen den Städten lindern.  

Neckarsulm - Hier spielt die Musik" nannte die Stadt Neckarsulm ihre 2006 aufgelegte neue Kulturreihe, die das Profil der Stadt als Kulturstandort nachhaltig stärken soll. Mit jährlich neuen Inhalten wird ein Veranstaltungskonzept gestaltet, um damit der Stadt ein "unverwechselbares Kulturprofil als Alleinstellungsmerkmal zu verleihen" wie es schon zu Beginn hieß. Das Ziel dieses Vorhabens, noch unter dem früheren OB Volker Blust gestartet und von seinem Nachfolger Joachim Scholz weiter konsequent verfolgt, scheint erreicht. Wesentlichen Anteil daran hat der Autobauer Audi. Dessen "Audi-Forum", das mit seiner spektakulären Architektur ein wenig an ein gelandetes Ufo erinnert, ist längst zu einem ebenso spektakulären Landeplatz auch für die Kultur der Region geworden ist.

 

Wie alt die Rivalität zwischen Heilbronn und der Nachbarstadt Neckarsulm ist, kann niemand so genau sagen. Hier die alte, reformierte Reichstadt, da die um etliches kleinere und katholische ehemalige Oberamtstadt. Beider "Stadtgrenze" sind längst verwischt - aufgegangen in einem großen Gewerbegebiet. Aber in den Köpfen ist sie immer noch vorhanden. Mit Blick auf die Kulturaktiväten des an Geld so reichen Nachbarn müsste man sich in Heilbronn die Augen reiben und mal genauer hinsehen.

Lang-Lang tritt in Neckarsulm bei Audi auf

Kulturelle Highlights, zugegeben teure, locken ins Audi-Forum und längst nicht mehr nur in die Harmonie nach Heilbronn. Wenn ein Star wie Lang Lang oder jüngst Sol Gabetta auftritt, dann eben in Neckarsulm bei Audi. Nun hat sich der Autobauer auch noch zwei angesehene Heilbronner Kultureinrichtungen als Partner mit ins Boot geholt. Die Highlights beim Landesjazzfestival im Juli des Heilbronner Jazz-Clubs Cave 61 fanden im Audi-Forum in Neckarsulm statt.

Von dieser Saison an wird der private Heilbronner Kulturveranstalter "Altes Theater in Sontheim" als neuester Partner von Audi hier im Forum die Veranstaltungen durchführen, für die das eigene Platzangebot nicht ausreicht. Die 850 Forum-Plätze für einen Auftritt von Roger Willemsen und Dieter Hildebrandt im September waren nach wenigen Tagen ausverkauft.

Bewusster Verzicht auf Sponsoren

Nischen finden und Formate ausbauen, das tut auch die Stadt Neckarsulm selbst. Mit dem sommerlichen Bildhauer-Symposium "KunstBewegt", das gerade zu Ende ging, hat man schon seit Jahren einen künstlerischen Schwerpunkt im Bereich Skulptur gesetzt. Es wird allein von der Stadt unter bewusstem Verzicht auf Sponsoren mit 150.000 Euro finanziert. In den Sommermonaten finden regelmäßige Open-Airs in der Stadt statt, mit an die 4000 Besuchern auch aus der Umgebung. Bei einem "Festival der lachenden Töne" gibt es Komik und Klamauk, es gibt auch eine Filmkunstreihe und Kindertheater. Das Deutsche Zweirad- und NSU-Museum verfügt über die größte historische Sammlung von Zweirädern in Deutschland, das Museum wurde unter 200 Bewerbern vom Wirtschaftsministerium zu einem der zehn Premium Eventpartner des Automobilsommers 2011 gekürt.

Für all diese Kulturangebote, einschließlich einer hochmodernen Mediathek und einer hochsubventionierten Volkshochschule und den üblichen städtischen Kultureinrichtungen gibt die 27.000-Einwohner-Stadt, in die mehr Menschen zur Arbeit einpendeln als hier wohnen, mehr als fünf Millionen Euro an Zuschüssen. Kein Problem bei 121 Millionen Euro Gewerbesteuer im letzten und bei einer Erwartung - Stand heute - von 104 Millionen für dieses Jahr. Das ist deutlich mehr als das, was man in Heilbronn erwartet (Junischätzung: gut 93 Millionen).

Gastspiele renommierter Tourneetheater und Schauspieler

Neckarsulm hat auch ein "Mehr" an Kultur, eben eine Nische, von der man in Heilbronn glaubt, sie seit Jahrzehnten vernachlässigen zu können: Gastspiele renommierter Tourneetheater und Schauspieler. Die Nachfrage ist riesig. OB Scholz resümiert: "Die Stadt Neckarsulm ist stolz auf ihre Kulturarbeit und auf die Resonanz darauf."

Verlockende Töne sendet indes die Heilbronner SPD-Fraktion aus. Wie sie bei ihrer Sommerpressekonferenz bekanntgab, soll Heilbronn den Neckarsulmern "ein ehrenvolles Angebot" machen und die Nachbarstadt bei der Bundesgartenschau 2019 "mit ins Boot nehmen". Das ist wörtlich zu nehmen: man denkt zum Beispiel an einen Pendelverkehr mit einem Solarboot auf dem Neckar zwischen den beiden Städten.

Mehr Arbeitsplätze als Einwohner

Namen: Die Stadt hat iIhren Namen von ihrer Lage nahe der Mündung der Sulm in den Neckar. Mit mehr als 27.000 Einwohnern und rund 29.500 Arbeitsplätzen ist Neckarsulm die größte und wirtschaftlich wichtigste Stadt des Landkreises Heilbronn.

Historie: Am 1. März 1945 wurde die Innenstadt bei einem Luftangriff durch US-Bomber zum Großteil zerstört. In den 50er Jahren wurden nur einige historische Gebäude wiederhergestellt wie die Stadtpfarrkirche, das Deutschordensschloss und das Rathaus.

Industrie: Bekannt wurde die Stadt durch das Unternehmen NSU, Mitte der 1950er Jahre der größte Zweiradproduzent der Welt. Heute ist in der Nachfolge das Neckarsulmer Audi-Werk mit 13.500 Beschäftigten der größte Arbeitgeber der Stadt ist.