Die Investitionen in die grenzüberschreitende Schieneninfrastruktur zwischen Deutschland und Frankreich lohnen sich für die Bahngesellschaften beidseits des Rheins: Der Luftverkehr verliert immer mehr Marktanteile.

Stadtentwicklung/Infrastruktur : Christian Milankovic (mil)

Stuttgart - Die Milliardeninvestitionen in die grenzüberschreitende Schieneninfrastruktur zwischen Deutschland und Frankreich scheinen sich für die Bahngesellschaften beidseits des Rheins zu rentieren. Sie jagen dem Luftverkehr Marktanteile ab. Im Lauf des Jahres 2016 verkürzen sich die Fahrzeiten des ICE und TGV vom Neckar an die Seine nochmals um eine halbe Stunde. Dann dauert die Reise noch 3 Stunden und 10 Minuten.

 

Ein 106 Kilometer langer Neubauabschnitt zwischen dem lothringischen Baudrecourt und Vendenheim bei Straßburg, der für Geschwindigkeiten bis 320 Kilometer in der Stunde ausgelegt ist, macht das möglich. Zwei Milliarden Euro haben die Franzosen dafür ausgegeben.

Noch Verzögerung wegen tödlicher TGV-Testfahrt

Wegen des Unfalls eines Testzugs auf dieser Strecke, bei dem im November 2015 elf Menschen ums Leben kamen, ist der Terminplan der Bahner aber durcheinandergeraten. Die Unglücksstelle kann nur eingleisig passiert werden. Daher verkürzen sich die Fahrten zwischen Stuttgart und Paris vom 3. Juli an zunächst lediglich um zehn Minuten auf dreieinhalb Stunden. Wenn die Strecke an der Unfallstelle repariert ist, sind es noch 190 Minuten. Bereits von Anfang Juli an gibt es aber fünf statt wie bisher vier tägliche Fahrten zwischen Paris und Stuttgart – eine davon wird bis München verlängert.

Spätestens mit der Einführung des grenzüberschreitenden Hochgeschwindigkeitsverkehrs im Jahr 2007 ist die Bahn dem Flugzeug in dieser Beziehung davongefahren. „Heute sind wir Marktführer“, sagt Frank Hoffmann, Geschäftsführer von Alleo. Die Tochtergesellschaft der französischen Staatsbahn SNCF und der DB wickelt den deutsch-französischen Schienenverkehr ab. 61 Prozent der Passagiere zwischen Stuttgart und Paris wählen den Zug. Seit der TGV regelmäßig nach Stuttgart kommt, haben ihn 2,65 Millionen Fahrgäste benutzt. Die Fluggesellschaften reagieren darauf. „2007 waren es im Sommer noch über 60 Flüge pro Woche, heute sind es nur noch rund 25“, sagt Beate Schleicher vom Stuttgarter Manfred-Rommel-Airport. Die Strecke wird von „Hop!“, einer Billigflugtochter von Air France bedient.

Zu den regelmäßigen Fahrgästen in den TGV zählt auch Nicolas Eybalin, seit 2014 Frankreichs Generalkonsul in Stuttgart. Für ihn sind die Züge weit mehr als nur eine bequeme Verbindung in die Heimat. Sie stehen für ihn auch für die enge Partnerschaft der zwei Länder beidseits des Rheins. Die deutsch-französischen Zugteams arbeiteten mit- statt nebeneinander her. Die Deutschen sind die größte Touristengruppe in Frankreich. „Ich möchte aber auch die Franzosen animieren, Deutschland kennenzulernen.“ Die Zugverbindungen seien dafür ein geeignetes Vehikel.