Das Feinstaubradar ist mit dem Lokaljournalistenpreis der Konrad-Adenauer-Stiftung ausgezeichnet worden. Das Datenprojekt ist auch ein Beispiel für das Potenzial offener Daten.

Stuttgart - Die dreckige Luft am Neckartor ist seit Jahren in den Schlagzeilen. Hier wird immer noch zu viel Feinstaub gemessen, die Stickoxid-Grenzwerte reißt die „dreckigste Kreuzung Deutschlands“ ebenfalls. Wie aber sieht es in anderen Teilen Stuttgarts aus, wie in der Region? Diese Frage beantwortet seit November das Feinstaubradar mit einer Livekarte sowie automatisiert erstellten Feinstaubberichten für alle Stuttgarter Stadtbezirke und die umliegenden Kreise. Es verbindet die Verarbeitung großer Datenmengen mit innovativer Technologie zur Textautomatisierung von der Stuttgarter Firma AX Semantics und schließt eine Informationslücke in der emotional geführten Debatte zur Luftbelastung.

 

Die Jury des Lokaljournalistenpreises der Konrad-Adenauer-Stiftung zeichnet das Projekt nun in der Kategorie Datenjournalismus aus. Zur Begründung schreibt sie: „Die Redaktion nutzt moderne Technik und datenjournalistische Mittel als Werkzeuge, um ihre journalistische Kompetenz bei einem politisch brisanten Thema auszuspielen: Big Data im Lokalen.“

Hier geht es zum Feinstaubradar

Für die Gemeinschaftsredaktion von Stuttgarter Zeitung und Stuttgarter Nachrichten ist das von der „Mission Innovation“ des Mutterkonzerns SWMH geförderte Projekt auch ein Anlass, um Zukunftstechnologien zu testen. Die Lorbeeren gebühren aber nicht nur dem Redakteur Jan Georg Plavec und dem Webentwickler Christian Frommeld vom Ressort Multimediale Reportage, die das Feinstaubradar entwickelt haben. Das Projekt wäre nicht möglich ohne die darin verarbeiteten Daten. Sie kommen teils von der Landesanstalt für Umwelt (LUBW) und von Kachelmannwetter, dessen Daten für tägliche Vorberichte zur Luftqualität genutzt werden. Die meisten Messergebnisse indes kommen vom OK Lab Stuttgart, der Ortsgruppe der Open Knowledge Foundation. Die dort zusammengeschlossenen Bastler und Computerexperten haben einen günstigen Feinstaubsensor entwickelt, der weltweit tausendfach nachgebaut wurde. Auf den Rechnern dieser Gruppe fließen auch die Daten der mehr als 750 Sensoren zusammen, die Bürger in der Region Stuttgart aufgehängt haben.

Diese Rohdaten verarbeitet unsere Redaktion weiter. Das ist möglich, weil das OK Lab das Prinzip Open Data fördert. Die Messwerte – mehrere Hunderttausend pro Tag – sind daher frei nutzbar und das Feinstaubradar zeigt, was aus offenen Daten entstehen kann. Solche Projekte sollen Behörden oder Unternehmen ermuntern, ihren Datenschatz zu öffnen. Die Landesregierung bereitet derzeit ein entsprechendes Gesetz vor, auch der regionale Verkehrsverbund VVS stellt seit Kurzem Livedaten online. Für das Feinstaubradar übermittelt die LUBW ihre vorläufigen Messergebnisse ebenfalls direkt an die Datenbank unserer Zeitung.

Für die Stuttgarter Zeitung und das Ressort Multimediale Reportage von Leiterin Stefanie Zenke sind die Auszeichnung und die vielen Rückmeldungen unserer Leserschaft ein Ansporn für weitere datenbasierte Projekte.