Konstantin Gropper alias Get well soon ist Liebling des Feuilletons. Doch der Musiker aus Oberschwaben fühlt sich oft missverstanden.

Biberach - Auf der Bühne und auf Pressefotos gibt Konstantin Gropper gerne den in sich gekehrten Intellektuellen: die Augen melancholisch ins Nichts schweifend, pechschwarze Strähnen fallen fransig in sein blasses Gesicht. Und nun das: bunt bekleidet betritt das "German Wunderkind", wie die britische Musikpresse den Schwaben Gropper bezeichnet, das Biberacher Café. Blaue Jeans, goldgelbe Turnschuhe, grünes Kapuzenshirt. "Du bist mein letzter Pressetermin", sagt er zur Begrüßung. Gropper im "Stern", Gropper im "Focus", Gropper im "Musikexpress": die deutsche Medienlandschaft hat es in den vergangenen Monaten gut mit ihm gemeint, in den Feuilletons überhäufen ihn Kritiker mit Lob.

Und was sagt Gropper? "Journalisten mag ich nicht." Keine gute Voraussetzung für ein Interview. Der Popmusiker Konstantin Gropper ist auf Heimaturlaub. Seine Tournee steht kurz bevor, sein schwarzer Tourbus parkt vor der Haustür in Erolzheim. Bevor er und seine Bandkollegen Fans in Stockholm, Paris oder London beglücken, muss geprobt werden. Dafür ist die kleine Kulturhalle in Biberach vorgesehen. Gropper, momentan der Liebe wegen in Mannheim wohnhaft, kommt zurück in sein Heimatdorf Erolzheim. Für vier Tage schnuppert er die gute Landluft und sieht seine Eltern wieder.

Ein Blick zurück: Walter Gropper, mit Leib und Seele Klassikfan und Musikpädagoge, vermittelt seinen zwei Kindern Konstantin und Verena die Liebe zur Musik. Bereits im Kindergartenalter spielt der Sohn Cello und interpretiert Werke von Beethoven. Im Gymnasium in Ochsenhausen, an dem auch der Vater unterrichtet, wählt er den Musikzug, seine Freizeit verbringt er im Jugendorchester oder Chor. Als die Pubertät beginnt, weicht die Klassik übergangslos dem Punkrock. Mit 13 gründet Konstantin Gropper seine erste Band Your Garden. Jetzt ist er 27, und sein aktuelles Projekt heißt Get well soon.

Schwierige Beziehung: die Presse und Gropper


Februar 2010. Das Get-well-soon-Konzert in Biberach ist seit Wochen ausverkauft. Lehrer möchten sich überzeugen, ob der Hype um ihren ehemaligen Schüler berechtigt ist, die ehemaligen Klassenkameraden ebenso, und die oberschwäbische Jugend nutzt die Chance, ihren Lokalhelden live vor Ort zu erleben. Konstantin Gropper bekommt das alles nicht mit. Er hat nicht einmal erfahren, dass der "Stern" sein Album "Vexations" mit der Höchstnote auszeichnete und die "Wiener Zeitung" es als "Meisterstück" feierte. In den deutschen Charts steht das Werk auf Platz elf - und damit vor der Best-of-CD von Modern Talking -, in Griechenland hat es gar Platz sieben erklommen. Gropper ignoriert die Öffentlichkeit, so gut er kann. "Journalisten suchen im Gespräch nur nach Anhaltspunkten, um ihr schon bestehendes Bild von mir mit möglichen Fakten zu untermauern", sagt er. Deshalb habe er sich abgewöhnt, Texte über sich lesen. Er googelt auch niemals seinen Namen. "Schizophren würde ich da", sagt er.

Gropper ist ein Künstler, und als solcher fühlt er sich falsch verstanden. Kritiker würden vom Liedtext auf den Texter schließen. "Dabei ist meine Biografie irrelevant." Auf "Vexations" zitiert er vorsorglich andere, und beweist bei der Auswahl humanistische Bildung: Homer, Sartre, Seneca, Georg Büchner, Satie, Heraklit und Sloterdijk kommen zu Wort. Ein "Konzeptalbum des Stoizismus" nennt er seine zweite Platte. Kaum anzunehmen, dass die kontinuierlich wachsende Masse seiner Bewunderer weiß, was das bedeutet.

Und wie es so ist: kaum ist jemand oben, kriechen die Nörgler aus ihren Löchern und meinen, dass er dort nichts verloren hat. "Gropper klingt nach Diplomarbeit", teilt "Welt Online" mit. "Der Schwabe quengelt weniger als vor zwei Jahren. Sein Gesang wirkt äußerst stoisch, und so kommt es, dass die Songs, bei aller Opulenz, nur 14-mal zum Ausdruck bringen: ich bin zwar allein, halte das aber aus!"

Er verleugnet seine Herkunft eben nicht


"So was wird geschrieben", fragt Konstantin Gropper ernsthaft entsetzt und rührt nachdenklich in seinem kalten Kaffee. "Soll das jetzt heißen: es ist falsch viel zu lesen und viel zu wissen?" Solche Aussagen würden ihn verunsichern, damit könne er nicht umgehen. "Es ist ein Teufelskreis: Ein Schreiberling macht einen Fehler, recherchiert nicht sauber, der nächste nimmt den Fehler auf, dichtet etwas dazu. Eine moderne Art der Legendenbildung."

Es existieren bereits viele Mythen über Konstantin Gropper. Seine oberschwäbische Herkunft sei ihm peinlich, er würde bei Interviews als Geburtsort London angeben und seinen Lebenslauf mit einem längeren Aufenthalt in Frankreich aufpeppen. All das war nach seinem Überraschungserfolg des Debütalbums "Rest now! Weary Head you will get well soon" zu lesen. Und all das war gelogen. Nur: wer denkt sich so etwas aus? Und warum?

Auf Groppers aktuellem Tourplan taucht das Auftaktkonzert in Biberach nicht auf. Hat er also tatsächlich ein Problem damit, dass er aus der Provinz stammt? Gropper winkt ab. Nein, nein, er möchte das jetzt ein für alle Mal klarstellen: seine unbeschwerte Kindheit, die Gründung seiner ersten Band mit den Erolzheimer Kumpels - etwas Besseres hätte ihm gar nicht passieren können. Doch dann kam die Zeit nach dem Abitur, als seine Pläne ihn hinaus aus der heimischen Idylle trieben. "In einem 3000-Seelen-Dorf gibt es eben wenig Möglichkeiten, Musik zu studieren", sagt er.