In Baden-Württemberg gab es 2015 eine Lockerung des Tanzverbots – das Tanzen am Karfreitag bleibt aber verboten. Nicht jeder hält sich daran. In Stuttgart wird kontrolliert.

Architektur/Bauen/Wohnen: Andrea Jenewein (anj)

Stuttgart - Wer sich zur Eröffnung des Frühlingsfestes auf dem Cannstatter Wasen am Karsamstag zu einem Tänzchen auf dem Tisch hinreißen lässt, der begeht streng genommen eine Ordnungswidrigkeit. Nicht, weil er auf dem Tisch tanzt – was allerdings auch verboten ist. „Da achten wir auch streng darauf“, sagt Martin Treutler, Leiter der Gewerbe- und Gaststättenbehörde des Ordnungsamts. Zu groß sei die Verletzungsgefahr. „Man darf nur auf den Bänken tanzen.“

 

Vielmehr ist am Karsamstag tagsüber schlicht das Tanzen verboten. Denn anders als die meisten vermuten, gilt das Tanzverbot von Gründonnerstag um 18 Uhr bis Karsamstag um 20 Uhr. Diese Regelung ist bestehen geblieben, obwohl im Jahr 2015 das Tanzverbot in Baden-Württemberg gelockert wurde. An Neujahr, Ostermontag, Christi Himmelfahrt und den Weihnachtsfeiertagen entfiel es hingegen. Auch gibt es an Sonntagen kein Tanzverbot mehr. Bis 2015 war der Südwesten im bundesweiten Vergleich besonders streng.

Es wird trotzdem gefeiert

Hingegen wurde die Regelung nicht immer ganz streng befolgt – und sie wird es auch heute noch nicht. Der One Table Club auf der Stuttgarter Partymeile Theodor-Heuss-Straße etwa hat trotz des Tanzverbots am Karfreitag offen. „Wir öffnen um 22 Uhr und spielen erst mal leise Musik“, erklärt ein Sprecher der Disco. Ab 24 Uhr beginnt dann dort der normale Betrieb.

Auch einige weitere Discos und Bars in der Landeshauptstadt laden sowohl am Donnerstagabend sowie am frühen Samstagmorgen zu normalen Tanzveranstaltungen – trotz des Tanzverbots. Am Donnerstag spielen in zwei Locations DJs: In der Finca ist Tyree Cooper aus Chicago zu Gast. Im White Noise legt am selben Abend Bernie B ab 23 Uhr zusammen mit seinem Sohn Kevin Bernthaler Disco und Chicago House auf. Am Freitag kommt zudem Acid Pauli um 23.45 Uhr ins Kowalski.

Sechs bis acht Anzeigen pro Jahr

Eventuell bekommen auch diese Clubs vorab noch eine Mail oder ein Fax vom Ordnungsamt: „Wenn wir erfahren, dass Betriebe eine Veranstaltung planen, informieren wir sie vorab über die Rechtslage“, sagt Treutler. Seiner Erfahrung nach wüßten die meisten Clubbetreiber aber Bescheid – und hielten sich auch an das Tanzverbot.

Wenn sie das aber nicht tun, dann drohten ihnen in Stuttgart Anzeigen, so Treutler. Denn die Kontrollen fallen in den Aufgabenbereich der Kommunen. „Wir kontrollieren in der Landeshauptstadt im Rahmen unserer Möglichkeiten, ob das Tanzverbot eingehalten wird.“ Das heißt konkret: Wenn die Polizei auf der Streife entsprechende Feststellungen mache, bringe sie diese zur Anzeige. Dem Angezeigten drohe dann ein Bußgeld. „Es ist immer nur eine geringe Anzahl an Bußgeldern, die wir verhängen: Etwa sechs bis acht pro Jahr“, sagt Treutler. Spezielle Schwerpunktkontrollen zum Tanzverbot aber gebe es nicht. „Das könnten wir allein personell nicht stemmen.“

Feiertagsgesetz lässt unterschiedliche Auslegungen zu

Zumal das Feiertagsgesetz durchaus auch Raum für unterschiedliche Auslegungen lässt. Denn laut diesem sind am Karfreitag (von 0 bis 24 Uhr) unter anderem „öffentliche Veranstaltungen in Räumen mit Schankbetrieb, die über den Schank- und Speisebetrieb hinausgehen“ verboten.

Am konkreten Beispiel eines Biergartens, den Schwabengarten in Leinfelden, der am Karfreitag eröffnet, zeigt sich, wie schwierig es ist zu sagen, was ein normaler Schank- und Speisebetrieb ist. Unumstritten ist, dass eine Band nicht dazu gehört – die beiden Wirte haben dem Volksmusikduo inzwischen abgesagt. Denn sowohl die katholische als auch die evangelische Kirche hatten sich über die „Geschmacklosigkeit“ beschwert. „Da der Biergarten nicht täglich Live-Musik bietet, ginge das tatsächlich über den normalen Betrieb hinaus“, sagt Klaus Wagner, Pressesprecher der Stadt Leinfelden-Echterdingen. Da die offizielle Eröffnung allerdings am 1. Mai stattfinden soll, sehe man sonst kein Problem. Auch nicht im Faßanstich.