Die Zahl der Unfälle, bei denen das Handy eine fatale Rolle spielt, steigt. Die Polizei kontrolliert aktuell verstärkt – Donnerstag landesweit. Bei einer Aktion am Mittwoch in Stuttgart haben die Autofahrer anders reagiert als erwartet.

Lokales: Christine Bilger (ceb)

Stuttgart - Die Autofahrerin schüttelt den Kopf. Die Polizei hat sie eben auf den Parkplatz beim Pragsattel herausgewunken. Sie hat am Steuer telefoniert, das bedeutet 100 Euro und ein Punkt in Flensburg. „Ich weiß, dass es falsch ist, und ich mache das echt nie. Schließlich habe ich Kinder und weiß, wie wichtig es ist, dass man aufmerksam fährt“, sagt die 30-jährige Stuttgarterin, die ihren Namen nicht in der Zeitung lesen will. Schließlich könne plötzlich ein kleines Kind, wie das ihre, das im Kindersitz auf der Rückbank schläft, auf die Straße rennen. Ob ihr Gespräch nicht hätte warten können, bis sie am nächsten Parkplatz ist? „Ja, natürlich, es war null wichtig. Aber manchmal ist man halt so und macht was Dummes“, fügt sie hinzu.

 

Autofahrer haben Verständnis – trotz Bußgeld

Die Stuttgarterin hat vollstes Verständnis dafür, dass die Polizei am Mittwoch an der Heilbronner Straße steht und kontrolliert – sie lobt sogar noch die Arbeit der Beamten, obwohl sie nun zahlen muss. Dass ist nicht der Regelfall. „Wir hören viele Ausreden. Einer hat neulich gesagt, er habe nur kurz seinen Geldbeutel ans Ohr gehalten“, sagt Florian Ullmann, der den Einsatz der Verkehrspolizei leitet. Manche würden auch sagen, sie hätten nur kurz die Musikauswahl geändert, wenn sie das Handy statt eines Radios im Auto nutzen – das zählt nicht als Ausrede, denn verboten ist das Bedienen elektronischer Geräte am Steuer. Dazu zählen auch Dinge wie Diktiergeräte und MP-3-Spieler. An dem Mittag läuft es ruhig.

Die ertappten 16 Telefonbenutzer fangen keine größeren Diskussionen an. „Wir liefern den Kollegen so viele Details wie möglich“, sagt Lukas Pauli, der mit seiner Kollegin den Autofahrern auf die Finger schaut. Das verringere den Widerspruch: „Schwarzer Skoda Oktavia, Fahrer telefoniert, Handy in der linken Hand“, geben Larissa Schröpfer und Lukas Pauli durch, die ein paar Hundert Meter weiter unten bei der Tankstelle kurz nach dem Milaneo stehen. „Roter Golf, Fahrerin tippt, Handy in der rechten Hand“, lautet die nächste Meldung. Noch besser seien Stadtbahnhaltestellen als Kontrollposten: „Da kann man von oben ins Auto schauen und sieht, wenn jemand das Handy auf dem Beifahrersitz bedient“, sagt Larissa Schröpfer. Aber auch vom Gehweg, etwas verborgen zwischen einem Baum und einem Laternenpfahl, habe man einen guten Blick in die Fahrzeuge. Neben den Handyverstößen entdecken sie bei der zweistündigen Kontrolle auch einen Gurtmuffel.

Zwei Beamte schauen vom Straßenrand in die Autos

Je mehr Details, desto besser sei man auch vorbereitet, sollte ein Autofahrer vor Gericht ziehen. „Kein Polizist sagt dort etwas Falsches aus. Da würde man seinen Job riskieren“, sagt Pauli, als seine Kollegin Larissa Schröpfer von Verfahren erzählt, in denen sie als Zeugin auftreten musste. „Wir wollen die Leute nicht reinreiten. Es geht um die Sicherheit“, sagt der Einsatzleiter.

Die Handyverstöße sind an diesem Donnerstag Schwerpunkt eines landesweiten Kontrolltages. 2300 Beamte sind laut dem Landesinnenministerium dabei im Einsatz, an 660 Stellen im Land. Der Grund: 73 tödliche Unfälle und damit fast ein Fünftel der Unfälle, bei denen 2017 in Baden-Württemberg jemand ums Leben kam, sei wegen einer Ablenkung der Fahrer geschehen – etwa durch das Handy, teilte Minister Thomas Strobl (CDU) zum Kontrolltag mit. Daher habe man mit diesem Tag den Blitzmarathon ersetzt, der 2016 zuletzt stattfand. In Stuttgart gab es die ganze Woche Kontrollen.