Kontroverse im Stuttgarter Rathaus CDU-Novizen spalten Grün-Schwarz

Bei den Etatberatungen 2015 passte kein Blatt Papier zwischen Andreas Winter (links) und Alexander Kotz. Derzeit sind sie sich nicht grün. Foto: Lichtgut/Achim Zweygarth    Montage: StZ

Die Aufnahme des Fahrverbotsgegners Sakkaros in die CDU-Fraktion löst Streit in der Haushaltskoalition aus. Neu-Stadtrat Mörseburg bezeichnet die Kritik von Grünen-Chef Winter als „verachtenswert“. Fraktionschef Kotz stellt sich hinter ihn.

Stuttgart - Mit einem Paukenschlag hatten im Oktober 2015 CDU und Grüne im Stuttgarter Gemeinderat die Haushaltsberatungen begonnen. In geheimen Verhandlungen waren sie sich früh über alle Änderungen und Ergänzungen des Verwaltungsentwurfs einig geworden. Sie gönnten einander diverse Lieblingsprojekte, wenn auch teils schweren Herzens. Die übrigen Fraktionen schauten in die Röhre, zwischen die Fraktionschefs von CDU und Grünen, Alexander Kotz und Andreas Winter, passte kein Blatt Papier. Das hat sich dann zwei Jahre später – wenn auch in deutlich abgeschwächter Form – wiederholt. Kotz fühlte sich in der Rolle des Mehrheitsführers sichtlich wohl, liebäugelte sogar mit dem Posten des Finanzbürgermeisters.

 

Das Tischtuch scheint zerschnitten

Umso schmerzhafter wird der Absturz bei der Gemeinderatswahl am 26. Mai mit dem Verlust von sechs Mandaten (von 17 auf 11) empfunden. Und das Tischtuch scheint zerschnitten, wie diverse Äußerungen in den vergangenen Tagen verdeutlichen – nachdem schon die Arbeit im Akteneinsichtsausschuss zum Klinikum-Skandal das Klima vergiftet hatte. Auslöser der Auseinandersetzung ist die Aufnahme von Joannis Sakkaros in die CDU-Fraktion. Der Organisator der viel beachteten Demonstrationen hat mit dem parteifernen Bündnis „Kein Fahrverbot für Stuttgart“ 1,6 Prozent der Stimmen und ein Mandat erhalten, mit dem sich die Union einen zusätzlichen Sitz in den Ausschüssen sichert.

Die Grünen bezeichneten die Aufnahme der Gelbweste, die sogar in Fernseh-Talkshows eingeladen wurde und dort mitunter ein rüpelhaftes Verhalten an den Tag legte, als „Wählertäuschung in Reinkultur“. Begründet wurde dieser Vorwurf damit, dass Sakkaros seine Stimmen mit einem auch gegen die CDU gerichteten Protest gesammelt hatte.

Junge-Union-Chef spricht von „Verachtung“

Wenn es damit genug gewesen wäre, hätte man das Ganze als Nachwahl-Scharmützel und Frustbewältigung abtun können. Nun hat aber der Jungunionist Maximilian Mörseburg zum Gegenschlag ausgeholt. Der Neu-Stadtrat – von Listenplatz 5 auf 9 gefallen – hat Grünen-Chef Andreas Winters Kritik als „besonders verachtenswert“ bezeichnet und ihm unterstellt, das Wahlergebnis sei ihm „wohl zu Kopf gestiegen“. Die Kritik an Sakkaros‘ Aufnahme und den Vorwurf der Wählertäuschung wies der einzige Neustadtrat der CDU-Liste als haltlos zurück.

Während die Kritik von Kollegen hinter vorgehaltener Hand als Beleg für den „Größenwahn“ des Neulings moniert wird, billigt sie Fraktionschef Kotz ausdrücklich. Sie sei mit ihm abgesprochen. Man dürfe in diesem Fall nicht Ursache und Wirkung verwechseln, die Grünen hätten schließlich angefangen. Kotz‘ Verteidigung kommt nicht von ungefähr, plant er nach Informationen unserer Zeitung doch, den kommunalpolitisch unbedarften Novizen Mörseburg gleich mit dem Posten des stellvertretenden Fraktionsvorsitzenden zu versorgen. Dafür müsste der langjährige Vize Philipp Hill aber in die zweite Reihe rücken.

„Stilloser Ausrutscher“

Andreas Winter empfindet Mörseburgs Replik als unangemessen. Ein „stilloser Ausrutscher“ sei das gewesen, die Aussage beinhaltet also die Hoffnung, dass sich der CDU-Stadtrat fortan zurückhält. Der Grünen-Chef erinnert daran, dass der eigene Wahlerfolg nicht überraschend komme. Dem Kritiker sei wohl entgangen, dass man nicht zum ersten Mal die stärkste Kraft im Rathaus sei. Mit seinem Hinweis, Sakkaros müsse CDU-Mitglied werden, wolle er nicht künftig gegen die Partei kandidieren, habe Mörseburg auch den Vorwurf bestätigt, der Porsche-Mitarbeiter sei „bei der Kommunalwahl sehr wohl gegen die CDU angetreten“. Winters Fazit: „So führt man Wähler hinter die Fichte.“

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