Der Technikausschuss fordert im Gegenzug Hilfe bei einem Mobilitätskonzept für das gesamte Gebiet. Der Konzern soll sich an der Verlängerung der Linie U 19 beteiligen.

Stuttgart - Die Daimler AG darf auf dem ehemaligen Sportgelände des VfL Stuttgart an der Mercedes-Jellinek-Straße im Neckarpark wegen diverser Neu- und Umbauvorhaben einen provisorischen Parkplatz für 965 Fahrzeuge einrichten und ihn drei Jahre lang betreiben. Die Mehrheit im Technischen Ausschuss hat gegen das Schottern einer Sportfläche im sensiblen Außenbereich in seiner Sitzung am Dienstag keine Einwände gehabt. Nur SÖS-Linke Plus halten die Maßnahme angesichts der Feinstaubproblematik für kontraproduktiv. Lediglich ein Drittel der Belegschaft kommt heute mit der Bahn, der Rest parkt kostenlos rund ums Werk. Die Verkehrsleitzentrale sieht das Aufkommen nur dann für problematisch an, wenn auch in den Veranstaltungshallen und in der Mercedes-Benz-Arena Betrieb herrscht.

 

Bis auf SÖS-Linke Plus sind alle dafür

Die anderen Fraktionen verwiesen auf die Bedeutung des Unternehmens als größter Arbeitgeber und den Willen, die Mitarbeiter für den Umstieg auf Bus und Bahn zu motivieren. Der Ausschuss billigte zudem einen Antrag der Grünen, in dem Verwaltung und Daimler aufgefordert werden, ein Mobilitätskonzept für das Gebiet voranzubringen. Außerdem soll der Ausbau der Stadtbahnlinie U 19 bis 400 Meter vor das Werkstor von den Partnern gemeinsam angegangen und finanziert werden.

Die Grünen halten den Parkplatzbau zwar für „ein falsches Signal“, anerkennen aber den Einsatz in Sachen Nahverkehrsförderung. Daimler unterstützt seine Mitarbeiter beim Kauf eines Firmentickets. Mit dem Minimalzuschuss von zehn Euro im Monat wird eine Verdopplung des VVS-Rabatts von fünf auf zehn Prozent erreicht.

Daimler war sich seiner Sache sicher

Eine schriftliche Vorlage haben die Stadträte für den Parkplatzbau nicht auf den Tisch bekommen. Genau genommen hätte die Verwaltung über den Bauantrag allein befinden können. Das Thema hat allerdings auch wegen der Vorgeschichte Brisanz. Vor zwei Wochen haben Repräsentanten des Unternehmens erstmals über das Vorhaben berichtet, dessen spätere Genehmigung sie seit Februar voraussetzten. Da hatte Daimler den Nachbarn Stuttgarter Sportclub informiert, dass er den Bogenschützen der SG Stern kündigen solle – die künftigen Parker sollen schließlich nicht von verirrten Pfeilen getroffen werden.

Konkret geht es um 54 790 Quadratmeter, zum Projekt gehört informell auch der Abbruch des VfL-Vereinsheims und eines Schuppens. Beide wurden schon vor Monaten platt gemacht, auch werden Teile des Geländes schon von Daimler für Fahrzeuge genutzt, die die Großbaustelle „Gebäude 120“ im Werk anfahren müssen. Dieses teils aus den 60er Jahren stammende Bürogebäude gegenüber dem Museum ist bis auf den Rohbau entkernt worden. Darin sollen „zentrale Verwaltungsfunktionen“ konzentriert werden. Daimler erwartet durch eine Konzentration rund 2000 neue Bürobeschäftigte.

„Die Baugenehmigung gilt für drei Jahre“, hat Baubürgermeister Peter Pätzold (Grüne) klargestellt. Ein Rückbau ist unwahrscheinlich – die Fläche ist ein maroder Kunstrasenplatz. Vorsicht ist dennoch angebracht. Brachflächen werden häufig Biotope mit geschützten Tieren – auf dem Güterbahnhofgelände mussten 5000 Eidechsen teuer vergrämt werden.

Rund 16 Millionen Euro für die Sportplätze

Die Grundstücksverwaltungsgesellschaft Daimler AG & Co. Alpha 6 OHG ist laut Kaufvertrag vom 8. Mai 2009 als Eigentümerin im Grundbuch eingetragen. Das Areal wurde von der Stadt für rund 16 Millionen Euro mit dem Ziel erworben, die Mercedes-Welt (Museum und Niederlassung) rasch um einen Neubau für das Classic-Center, Archive, Sammlung und eine Zukunftswerkstatt zu erweitern. Vorerst wird aber nur die Oldtimer-Werkstatt von Fellbach in den Neckarpark verlegt, und auch nicht in einen Neubau, sondern in die Niederlassung, die wiederum an die Heilbronner Straße zieht. Das Unternehmen hat die Hoffnung, dass sie dort neben dem Gebrauchtwagenzentrum besser zur Geltung kommt.

Peter Obst, Vorsitzender des VfL Stuttgart, zeigt sich frustriert. Sein Verein musste vor fünf Jahren das heimelige Gelände räumen und an die Benzstraße ziehen. „Wenn man gewusst hätte, dass sich der Daimler so viel Zeit lässt, hätte man in Ruhe und damit besser planen können.“ Was die Sportflächen angeht, hat sich der Traditionsklub zwar verbessert, die Fußballabteilung ist gewachsen und die Klubgastronomie für ihren Mittagstisch bekannt. Die gemeinsame Nutzung mit dem ESV Rot-Weiß Stuttgart sei aber unterm Strich nicht immer einfach. Rolf Sperrle, Vorsitzender des SSC, hat durch den Verkauf zwar einen neuen Kunstrasenplatz erhalten, unterm Strich aber einen Platz verloren. Nun hofft er, dass der Nachbar Daimler endlich auf seine Schreiben reagiert. Sperrle erwartet, dass seine Tennisanlage vom Parkplatz abgeschirmt wird. Die Stadt profitiert von der Hängepartie, indem sie zwei Sportplätze der Bezirkssportanlage weiter nutzen kann. Ihre Nachfolger sollen einmal zwischen Schleyerhalle und der verlegten Benzstraße entstehen.