Insider und Aktionäre halten die geplante neue Holding für viel zu groß. Auch die künftige Rolle von Ola Källenius als doppelter Chef stößt auf Kritik.

Stuttgart - Der Autobauer Daimler will sich im Mai 2019 von den Aktionären die Pläne für einen Konzernumbau absegnen lassen. Durch die Ausgliederung von Mercedes-Benz (Personenwagen) und Daimler Truck (Lastwagen) wird Daimler selbst zu einer reinen Management-Holding, die nicht operativ tätig ist. Wie groß diese Holding sein wird, ist in der Öffentlichkeit bisher nicht bekannt gewesen. Ein Daimler-Sprecher hat auf Anfrage jetzt als Belegschaft 6000 Mitarbeiter genannt.

 

Insider und Aktionäre zeigen sich irritiert über die geplante Größe. „Ich bin überrascht, welche Doppelstrukturen da aufgebaut werden sollen“, sagte ein Daimler-Kenner mit engem Kontakt zum Vorstand unserer Zeitung. „Bei einem Unternehmen von der Größenordnung würde ich eine mittlere dreistellige Zahl an Beschäftigten in der Holding für ausreichend halten.“ Marc Tüngler, Hauptgeschäftsführer der Deutschen Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz (DSW), sieht das ebenso. „Das wäre nachvollziehbar und entspräche dem, was üblich ist“, sagte er.

Die Töchter sollen größere Freiheiten bekommen

Daimler will den neuen Töchtern Mercedes-Benz und Daimler Truck größere Freiheiten einräumen und sie flexibler machen, sodass sie zum Beispiel leichter Kooperationen eingehen können. Die Holding soll dann die strategische Ausrichtung steuern, sich um die konzernweite Finanzierung sowie um übergreifende Dienstleistungen, zum Beispiel Personal und Beschaffung, kümmern.

DSW-Vertreter Marc Tüngler steht zwar hinter den Holdingplänen, ist aber skeptisch, ob die neuen Töchter so viel Freiraum haben werden, dass sie die richtigen Entscheidungen treffen können: „6000 Leute in der Holding sind einfach zu viel. Wenn so viele Mitarbeiter da oben sitzen, dann ist das ein Wasserkopf. Und die Leute dort werden auch Entscheidungen treffen, das ist doch gar keine Frage. Eine Holding macht nur Sinn, wenn sie schmal aufgestellt ist.“

Für den „Machterhalt der Muttergesellschaft“

Der Vermögensverwalter Flossbach von Storch, der eine Milliarde Euro in Daimler investiert hat, hält von der Holding gar nichts. Denn: „Wenn die wichtigen Entscheidungen in der Holding getroffen werden, untergräbt man so die Eigenverantwortung der Tochtergesellschaften“, sagte Bert Flossbach. „Die Holding bedeutet für Mercedes-Benz und Daimler Truck genau das Gegenteil von unternehmerischer Freiheit.“

In einem Kapitalmarktbericht hat Flossbach von einer neuen Struktur geschrieben, „die unseres Erachtens vor allem dem Machterhalt der Muttergesellschaft und ihrer Protagonisten dient“.

Winfried Mathes von der Fondsgesellschaft Deka stört vor allem die geplante Doppelrolle von Ola Källenius an der Spitze von Daimler und Mercedes-Benz. „So sollte man einen Konzern aus Corporate-Governance-Sicht nicht führen“, sagte Mathes. „Denn die Holding wird mit ihren Kompetenzen über den Geldfluss entscheiden. Und wenn Källenius zwei Hüte aufhat, dann ahne ich, wohin das Geld geht. Hier gibt es kein Gleichgewicht.“ Aus Sicht von Mathes müsste sich Källenius für eine Rolle entscheiden.

Die Zustimmung gilt als gesichert

Michael Muders, der als Portfoliomanager bei der Fondsgesellschaft Union Investment arbeitet, hält die Frage nach der Größe der Holding für nachrangig. Mit Blick auf den 2019 geplanten Chefwechsel sagte er: „Wir wollen dem neuen Managementteam von uns aus die Möglichkeit geben, sich nach eigenen Vorstellungen aufzustellen.“ Die Zustimmung der Aktionäre zum Umbau gilt trotz der Kritik an der Holding als gesichert.