Europas erfolgreichstes Schlager-Duo, die Amigos, treten im Forum am Schlosspark auf und begeistern das Publikum. Warum eigentlich?

Ludwigsburg - Was wurde nicht schon alles Böses über die Amigos geschrieben und gesagt. Besonders hartnäckig hält sich ein Zitat des Komikers Oliver Kalkofe in den Sozialen Medien: „Ein Hauch Verwesung auf CD“, nannte er die Platten der beiden Schlager-Stars aus Hessen einmal. Eingefleischte Amigos-Fans haben ihm das nie verziehen. Nun kann man sich in Anbetracht des gereiften Alters der Brüder Bernd (67) und Karl-Heinz Ulrich (69) durchaus fragen, wann denn mal Schluss ist. Aber bei Mick Jagger macht das auch niemand – und der ist immerhin schon 75 Jahre alt.

 

Aber warum auch aufhören, wenn es so gut läuft? Die Amigos nennen sich das erfolgreichste Schlager-Duo Europas. Das war anfangs so nicht absehbar, als sie in den 70ern Konzerte auf Dorffesten gaben. Die erste Platte erschien 1989, den Durchbruch schafften sie aber erst im Jahr 2006. Seitdem erscheint mit der Genauigkeit eines Uhrwerks jedes Jahr ein neues Album – das dann auch jedes Mal wieder Gold holt.

100 Gold- und Platinauszeichnungen

„Mit Liebe im Herzen und dem Mut, seine Träume zu leben, ist alles möglich“, heißt es in einem kleinen Einspieltext, der vor Beginn des Konzerts im Theatersaal des Forums am Schlosspark am Freitagabend in gelben Lettern vor Sternenhintergrund über die Leinwand läuft. Dieser Postkartenspruch in Star-Wars-Aufmachung kann vieles meinen – beispielsweise die 100 Gold- und Platinauszeichnungen, wenn genug Leute deine Musik kaufen. Oder einen Echo, sofern das heute noch jemanden interessiert.

Es fällt schwer, das Erfolgsrezept der Amigos zu begreifen. Denn im Grunde machen sie das, was der volkstümliche Schlager eben macht: Er singt von der Liebe, von Verlust, von exotischen Stränden und Frauen. Die Bühnenperformance jedenfalls gehört nicht zu den herausragenden Qualitäten der Brüder: Karl-Heinz schrubbt emotionslos je zwei verschiedene Griffe auf seiner Gitarre, auch bei Liedern, in denen gar keine Gitarre vorkommt. Oder wird sie nur vom Synthesizer-Bass weggedrückt? Bernd zeigt mehr Gefühle, lächelt auch mal und wirkt live weniger gehemmt als in den Musikvideos, in denen er sich bewegt, als wäre er an den Ellbogen gefesselt. Beim Publikum kommen seine Witze und Anekdoten gut an.

So ironiefrei, dass man es nur als Kitsch bezeichnen kann

Jan Böhmermann hat die deutsche Schlagerbranche einmal mit seinem Song „Menschen Leben Tanzen Welt“ persifliert, weil das angeblich die häufigsten Vokabeln in den Liedern sind. Bei den Amigos wären es wahrscheinlich „Liebe, Rose, Himmel, Sterne.“ Bei ihnen wird das alles dermaßen ironiefrei dargeboten, dass man es nur als Kitsch bezeichnen kann. Aber in nervösen Zeiten wie diesen kann so ein bisschen Heile-Welt-Gefühl ganz wohltuend sein – und dorthin entführen die Amigos ihre Fans: in eine Früher-war-alles-besser-Welt. Wie um das zu beweisen, erzählt Bernd auch noch einen Witz über Donald Trump.

Das Publikum im fast voll gefüllten Theatersaal des Forums gehört überwiegend einer älteren Generation an. Manche von ihnen waren schon Stunden vor dem Konzert da, um ihre Idole sehen zu können. Autogramme wirds aber erst danach geben. Zu Beginn des Konzerts gratuliert Bernd einer Besucherin zum 81. Geburtstag. Später kokettiert er mit dem Alter seiner Fans, als er alle bittet, zum letzten Song vor der Pause aufzustehen. „Geht das?“, fragt er in die Runde, um dann gleich hinterherzuschießen: „Was knackt denn hier so?“.

Die Fans lassen sich das nicht zweimal sagen und klatschen freudig im Takt mit. Zum Ende des Konzerts wird ihr Enthusiasmus belohnt: Bernd und Karl-Heinz geben nochmal ein Medley ihrer größten Hits zum Besten. Die haben sie zwar vorher schon auf dem Konzert gespielt, aber doppelt hält bekanntlich besser.

Hier finden Sie die Persiflage von Oliver Kalkofe auf die Amigos: