In der Reihe „Musik am 13.“ in der Stadtkirche Bad Cannstatt hat Michael Volle, ein begehrter Sänger von Berlin bis New York, Kantaten von Johann Sebastian Bach gesungen.

Bad Cannstatt - „Ich habe genug“ und „Ich will den Kreuzstab gerne tragen“, BWV 82 und 56, sind zwei große Kantaten für Solo-Bass und Begleitung von Johann Sebastian Bach, zu denen es große Sänger auch treibt, wenn das Oratorische nicht ihr angestammtes Fach ist. Selten aber werden sie so sinnreich geboten wie nun von Michael Volle, einem begehrten Sänger von Berlin bis New York, in der Stadtkirche Bad Cannstatt, wo die beiden Werke das Passionsprogramm in der Reihe „Musik am 13.“ rahmten.

 

Volle berührt durch das feine Timbre, die subtil schattierten Farben, die Fülle und die Wärme seines Organs, und seine so sinnfällige, spannungsvolle Phrasierung führt über wunderbar gebundenes Singen und schillernde Koloraturen mitten hinein ins Herz der Bach’schen Musik. Bei Volle ist das Erlösungsgeschehen nicht melodisch veredelte, dürre Theologie, sondern durchlebtes, in der „Kreuzstab“-Kantate auch expressiv durchlittenes Drama des Individuums, in bewegender Klangrede geboten.

„Ich habe genug“ ist so nicht banale Ergebung, sondern eine entwickelte Antwort auf die Conditio humana. Bei Bach religiös gebunden, hier auch säkulare Geister in einen finalen Raum der Freiheit führend, in dem das Vergehen nicht Angst stürzend wirkt, sondern tief durchdrungen, erkannt und akzeptiert: „Der Abschied ist gemacht, Welt, gute Nacht!“

Ein Himmelreich an Obertönen

Eine Spur zu lieblich, zu sehr auf die himmlische Zartheit der Barockinstrumente setzend, zu sehr nach musikalischer Grablege klingt daneben zunächst der Concentus Stuttgart unter Jörg-Hannes Hahn, dem die Gesamtleitung oblag. Michael Volles musikalisches Pendant ist hier eher Thomas Meraner, der auch sonst alle Vorzüge der Barockoboe hochmusikalisch ausspielt. Wie vital, eindringlich, feingliedrig und dynamisch belebt das Ensemble Alte Musik zu bieten weiß, ist vor allem in den Ecksätzen des Doppelkonzertes in c-Moll zu erleben. Ein Himmelreich an Obertönen bieten Geigen und Hahn am Cembalo, im spannungsvollen Verhältnis zur dunklen Klangsäule von agilen tiefen Streichern und Fagott.

Und packend ist auch, wie der Cantus Stuttgart die „Jesu komm“-Motette BWV 229 gestaltet. Verheißungsvoll schon die kontrastreich gestufte Anrufung „Komm“, bewegt, präzise, klar artikulierend und mit voller Überzeugungskraft die wechselseitige, virtuose Durchdringung der Stimmen. Sicher sogar in der achtstimmig ausfächernden Chorpolyphonie, klangvoll bis in den Schlusschoral, wo ein solcher auch am Ende der „Kreuzstab“-Kantate Erlösung in reiner Glaubensgewissheit bot: langer, herzhaft-dankbarer Beifall.