Konzert in der Liederhalle Monumental und sehr laut: So war’s bei Uriah Heep

Bernie Shaw, 69 Jahre junger Sänger von Uriah Heep, ist gut bei Stimme. Er erreicht noch alle Höhen. Foto: Lichtgut/Philipp Malmann

Uriah Heep zaubern zum letzten Mal in Stuttgart. Die britischen Hardrocker machten auf ihrer Abschiedstour Station in der Stuttgarter Liederhalle.

So stellt man sich Zauberer vor: Mit langem weißem Haar, langem weißem Bart auch. Bei Mick Box, letztem verbliebenen Gründungsmitglied der britischen Rockband Uriah Heep, fehlt der lange Bart – dafür trägt er eine getönte Brille. Die langen weißen Haare aber sind da, bei ihm und seinen Begleitern. Nur Davey Rimmer, Bassist und mit 56 der Jüngste in der Runde, trägt noch dunkles Haar zur Schau. Vor der Bühne wie auf der Bühne: Menschen unter 50 Jahren sieht man nicht, am Mittwochabend im Hegelsaal der Liederhalle. Die meisten liegen weit darüber, und sie feiern dankbar eine Band, mit der sie groß wurden. Der Saal ist nahezu ausverkauft.

 

Uriah Heep hat zwei Vorbands dabei

Uriah Heep kommen mit zwei Vorbands. Heavy Pettin aus Schottland gründeten sich 1981, lösten sich 1988 auf, vereinigten sich 2017 wieder. April Wine sind zuhause in Kanada, gründeten sich 1969, erlebten verschiedene Schaffenspausen und Besetzungswechsel. In der Liederhalle spielen sie mit monumentaler Lautstärke. Auch dem Auftritt der Headliner dann kommt die Abmischung des Konzertes nicht wirklich zugute.

Die Band überzeugt musikalisch

Dabei überzeugen Uriah Heep auf ihrer Abschiedstour musikalisch absolut. Davey Rimmer gehört der Band seit 2013 an, Schlagzeuger Russel Gilbrook seit 2007 – die übrige Besetzung ist seit Mitte der 1980er Jahre konsistent, die Band gut eingespielt, Bernie Shaw vor allem, 69 Jahre alt, ist gut bei Stimme. Er erreicht noch alle Höhen, springt über die Bühne, strahlt urigsten Enthusiasmus aus, spricht das Publikum an.

Uriah Heep veröffentlichten in 56 Jahren 26 Studio-Alben, waren bis in die jüngste Zeit hinein sehr produktiv. „The Magician’s Farewell“, des Magiers Abschied, haben sie ihre Tour vielsagend betitelt. Grund genug, nach den ersten Stücken des Abends, „Grazed by Heaven“ und „Living the Dream“ von den Alben der Jahre 2018 und 2023, in die Vergangenheit zu gleiten.

Zwischen Hard und Folk Rock

„Shadows of Grief“ schon führt ins Jahr 1971, als die Band, damals mit Sänger Ken Hensley, ihre größten Erfolge feierten, ihre besten Alben ablieferte – schwer zu kategorisieren, wie Bernie Shaw dem Stuttgarter Publikum erklärt, zwischen „Hard Rock“, „Melodic Rock“, „Progressive Rock“ oder gar „Folk Rock“. „Stealin‘“ von 1973 folgt, mit „Hurricane“ dann wieder ein aktueller Song.

Und schließlich beginnt mit „The Wizard“ die Reihe der Uriah-Heep-Klassiker, auf die die Fans gewartet haben – wuchtiger Hardrock wie „Gypsy“, oder der antreibende Hit „Easy Livin‘“, epische Songgemälde wie „July Morning“, bei dem Phil Lanzons Keyboards tragen, und Uriah Heeps definitiver Beitrag zum Genre des Progressive Rock: „Meine Damen und Herren“, sagt Bernie Shaw, „Welcome to the Magician’s Birthday.“

Harte Rockriffs, schwelende Orgelklänge

Das Stück beginnt mit einem harten Rockriff, wird von Keyboard, schwelenden Orgelklängen aufgehoben, wechselt Motive, zerfällt in eine Klangmalerei, die in ein sehr langes Solo mündet, minimalistisch, effektzerrissen, Mick Box spielt im Duett mit dem harten Schlag des schwer arbeitenden Drummers Russel Gilbrook. Box‘ Finger flattern übers Griffbrett der Gitarre hinweg. Vielleicht sagt er unterdessen ja die eine oder andere magische Formel auf.

„Lady in Black“ und der ganze Saal singt mit

Uriah Heep sind in ihrem ureigensten Zauberreich angekommen. Drei harte, epische Stücke noch, dann beginnt die Zugabe mit „Sunrise“. Zum Abschied in Stuttgart spielen die Zauberer ihr bekanntestes Stück, radiotauglich seit jeher, fester Bestandteil jedes Gitarrenlehrbuchs für Anfänger: Zwei Akkorde und die Geschichte einer Frau in Schwarz. Für „Lady in Black“ greift Mick Box’, 78 Jahre alt seit Juni, zur Akustikgitarre. Arm in Arm stehen Box und Bernie Shaw im Scheinwerferlicht. Schließlich stiegt die Band ein – und Stuttgart singt mit.

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