Wie ein Übriggebliebener der Punk-Ära. Der Geiger Nigel Kennedy spielt im schwach besetzten Saal ein schwaches Konzert - und reißt  peinliche Witze.

Stuttgart - Demnächst wird er 55 Jahre alt, die hochrasierten Schläfen sind allmählich grau, aber die hochtoupierte Tolle steht stramm wie eh und je. Mit seinen Nietenhosen, den Springerstiefeln und der schwarzen Glitzerjacke wirkt Nigel Kennedy wie ein Übriggebliebener aus der seligen Punk-Ära, der irgendwie nicht erwachsen werden will. Denn auch die Musik, die Kennedy zusammen mit seiner Band, dem Orchestra of Life, im Stuttgarter Beethovensaal gespielt hat, bedient sich aus dem Material vergangeren Zeiten.

 

Wir erinnern uns: Ende der 80er Jahre wurde Kennedy mit einer furiosen Einspielung von Vivaldis „4 Jahreszeiten“ ein Weltstar, der sich fürderhin das Attribut „Enfant terrible“ der Klassik umhängen durfte. Doch für die neue Version des Dauerbrenners, die Kennedy nun im schwach besetzten Beethovensaal zusammen mit einem zwanzigköpfigen Ensemble zum Besten gegeben hat, ist Kennedy wenig eingefallen: dürftig die Arrangements mit Schlagzeug und Backgroundsängern, schon peinlich die als Zeitstrecker zwischengeschobenen Eigenkompositionen im Fahrstuhl-Kuschelsound.

Ganz schlimm wurde es immer, wenn Kennedy zur E-Geige griff und sich, unterstützt durch diverse Effektgeräte, in Rockerpose warf. Nach der Pause wurde es nicht besser. Kennedys viersätziges Opus „Four Elements“ wirkte wie eine hypertrophe Resteverwertung aus Barock, Rock, Filmmusik und Ethnopop: zuckersüße Melodien über gut abgehangenen Akkordfolgen, endlos wiederholte Leerformeln, in Artrockmanier aufgedonnert, dazwischen immer wieder die selbstverliebten Soloeskapaden des Bandleaders Kennedy, dessen verunglückte Moderationen den Mitmusikern einiges an Selbstbeherrschung abverlangten. Von seinen schlechten Witzen wollen wir jetzt mal gar nicht reden.