Andrea Berg nimmt ihr Publikum mit ins Land der Fantasie: am Freitagabend hat die Schlagersängerin aus Aspach ihre neue Show in der Porsche-Arena vorgestellt. Ein Spektakel, mit dem sie nun in ganz Deutschland, in Österreich und der Schweiz unterwegs sein wird, erlebte seine Premiere.

Stuttgart - Zweimal lässt Andrea Berg ihren Auftritt in der Porsche-Arena einzählen. Erst tickt ein nostalgisch anmutendes Uhrwerk, das an den Wänden neben der Bühne leuchtet, die Minuten und Sekunden bis zu ihrem Auftritt herunter. Nach der Pause wird Berg dann von einem Countdown angekündigt, und die Bühne hat sich in die Brücke eines Raumschiffs Enterprise verwandelt.

 

„Mosaik“, so heißt das neue Album des deutschen Schlagerstars aus Aspach, so heißt ihre neue Show, das Bilderbuch neuer Welten, in denen Berg nun ihre Lieder singt. Am Freitagabend feiert „Mosaik“ Premiere. Die Künstlerin verzögert ihren Auftritt aus Rücksicht auf Gäste, die noch auf Stuttgarter Straßen stehen. Am Samstag, dem zweiten Abend, an dem Andrea Berg in Stuttgart spielt, soll die Arena ganz ausverkauft sein, werden große Besucherzahlen erwartet. Der Freitag dagegen gibt sich exklusiv: Nie wieder, vertraut Berg ihren Fans an, werde sie die neue Show in solcher Ausführlichkeit zeigen wie zur Uraufführung: „Wir werden bestimmt überziehen!“ Tatsächlich: erst um 23.20 Uhr ist das letzte Lied gesungen, flammt die Hallenbeleuchtung auf.

Hippiemädchen auf der Insel

Viel früher schon schießt Feuerwerk in glitzernden Fontänen empor. Ein Mosaik, weiß das Lexikon, ist ein Werk, das aus Bruchstücken unterschiedlicher Materialien Bilder entstehen lässt; ein Mosaik ist bunt. Das ist auch die Bühnenshow der Andrea Berg: ein Potpourri farbenfroher Momente, wirkungsvoll ausgestalteter Szenarien. Nostalgisch ist das allemal, selbst dann, wenn der Star sich aufmacht zu den Sternen. Einmal denkt Andrea Berg zurück an jene Zeit, in der sie noch 16 Jahre jung und frei war.

Die Sängerin inszenierte sich früher oft mit leiser Verruchtheit in Lack und Leder – nun schöpft sie aus den Bildwelten, mit denen sie aufwuchs. Sie singt in bodenlangem, fantastisch grünem Kleid in einer Dschungellandschaft, wirbelt umher in einem Makrokosmos aus schillernden Pilzwäldern, interpretiert den Schlager als Barbarella im Silberkleid, das sich kürzer kaum denken lässt. Sie tanzt als Hippiemädchen in südlichem Inselambiente, gehüllt in fähnchenhaften bunten Stoff.

Die kleine Sensation dieses ohnehin spektakulär ausgerichteten Auftritts ist freilich, wie jugendlich die mittlerweile 53-Jährige inmitten ihres Mosaiks wirkt. Andrea Berg, daran will keiner zweifeln, ist eben erst einem Jungbrunnen entstiegen; sie läuft unermüdlich zwischen ihren Bühnenbauten umher und auf der Vorbühne, die kreisrund weit draußen im Saal liegt, auf der sie ihren Fans ganz nahe ist, von der sie bald heruntersteigt, um ihnen noch näher zu sein: voller Energie und Lebensfreude.

„Ich hab‘ Lust auf pures Glück!“

Berg, eigentlich ausgebildet zur Arzthelferin, geboren in Krefeld, nahm ihre ersten Alben in den frühen 1990er Jahren auf; seit 2003 belegte sie in deutschen Hitparaden ausnahmslos Spitzenplätze, wurde die Königin des deutschen Schlagers. Ihr Rezept ist einfach: die extravagante Show gehörte immer schon dazu, aber auch eine Musik, die niemals größere Ambitionen zeigte, die stets schlicht und tanzbar blieb, ganz dem Geist des Schlagers der 1970er und 1980er verbunden. Andrea Berg singt von den untreuen Männern, von Vergebung, vom Paradies, dem Sündenfall, der Hölle und dem Fegefeuer der Liebe, von der Zweisamkeit. Sie wurde zum Star als schon reife Frau, sie betritt die Bühne mit dem allergrößten Selbstbewusstsein: dafür wird sie geliebt.

Und Andrea Berg singt bei ihren Konzerten immer auch einige Lieder, die ihr nicht von Dieter Bohlen oder anderen Autoren auf den Leib geschrieben wurden. Am Freitag begeistert sie die Porsche-Arena mit Udo Jürgens‘ „Griechischem Wein“, mit dem Klassiker „Over the Rainbow“, ganz nahe der Interpretation, die der Hawaiianer Israel Kamakawiwo’ole 1993 aufnahm. Bergs Stimme, frisch, klar und sicher, ist hervorragend geeignet für all diese Ausflüge. Einmal, als sie ihr Hippie-Inselparadies besucht, zieht sich die Sängerin auch kurz zurück: ihre Band, sehr kompetent besetzt, darf nun zeigen, dass sie auch rocken kann.

Jugendträume auf der Bettkante

Begonnen hat der Abend mit einem Himmelbett, draußen auf der Vorbühne, mit Tänzerinnen, die Sträuße aus Luftballons an dieses Bett banden und es aufsteigen ließen; mit Andrea Berg, die bald schon auf der Bettkante saß und von Jugendträumen erzählte. Bunte Bänder explodierten, Tänzerinnen und Tänzer wirbelten über die Ebenen der großen Bühnenbauten, die zur Projektionsfläche für Fantasiewelten wurden. Gleich neben der Bühne leuchteten reich verzierte Ovale, in denen die Sängerin sich in ein Fabelwesen für das Poesiealbum verwandelte.

Nach unzähligen Hits, darunter auch ihr größter Erfolg „Du hast mich tausendmal belogen“, kehrt das Bild zurück, mit dem alles begann. Wieder steht da das Himmelbett, in Weiß. Vielleicht ist dies der Ort, an dem Andrea Berg von ihrer neuen Show zuerst träumte. „Ich hab‘ Lust auf pures Glück!“ – das rief sie früh am Abend in den Saal hinaus. Ein wenig davon hat sie des Besuchern ihres Konzertes gegeben, am Freitagabend in der Stuttgarter Porsche-Arena.