Keine Videowände, schlechter Sound, fragwürdige Vorband: Beim Roxette-Konzert in der Schleyerhalle lief nicht alles glatt. Alles blöd also? Mitnichten!  

Kultur: Jan Ulrich Welke (juw)

Stuttgart - Es gibt Dinge im Leben, die weitaus schlimmer sind, als sich – wie es Roxette auch schon tat – in der Nokia Night of the Proms präsentieren zu müssen, jener Resterampenrevue für abgehalfterte Musiker kurz vor dem finalen Sturz in die Versenkung. Ernsthaft zu erkranken beispielsweise. Dies ist das Schicksal, das Marie Fredriksson widerfuhr, der Sängerin des schwedischen Duos. Ein Hirntumor wurde bei ihr um die Jahrtausendwende tragischerweise diagnostiziert, die Bandaktivität ruhte daraufhin selbstverständlich.

 

Vor diesem Hintergrund verbietet sich natürlich der Hinweis auf ein sehr langes Loch in der Schaffensphase dieser Band. Dennoch schwirrt im Hinterkopf eine üble Erwartungshaltung herum, die sich nicht ausblenden lässt: hat hier eine Band ein neues Album nur aus dem Grund vorgelegt, um nochmal auf Tour gehen zu können? Und wird sie bei dieser Gelegenheit pflichtschuldig ein paar Nummern aus diesem Album spielen, sich aber mehrheitlich wohldosiert über das Konzert verteilt dem Abfeuern der größten Gassenhauer widmen, auf dass das zahlreich versammelte Publikum selig in Erinnerungen an die eigene Jugend schwelgen kann?

Gar nicht so viele Nostalgiker

Schon der erste Blick in die Schleyerhalle lehrt am Montagabend, dass dem nicht so ist. Allzu viele Nostalgiker scheint es nämlich nicht zu geben, die Arena ist gerade einmal zur Hälfte gefüllt. Das mag man auf die in ihrer Saftigkeit schmerzenden, bei 61 Euro beginnenden Eintrittspreise zurückführen; es könnte auch an der vorhandenen Scheu vieler Menschen vor der Verletzung audiophiler Mindeststandards in dieser für ihre schwierige Akustik bekannten Arena liegen. Letzteres ist, was eigentlich schmerzt. Zum einen wegen der grässlichen Vorband, die offenbar nur ausgewählt wurde, um Roxette hernach in noch strahlenderem Glanz dastehen zu lassen, weswegen das zermürbte Publikum überdies auch noch bis 21 Uhr auf den eigentlichen Auftritt warten musste. Zum anderen aber, weil der Mann am Mischpult den nachmittäglichen Soundcheck offenbar zu einem Cafébesuch genutzt hat. In der Halle kann er bei dieser Gelegenheit jedenfalls nicht herumgewandert sein. In der Mitte, rund um seinen Platz, klang es noch ganz erträglich, im hinteren Teil der Halle völlig inakzeptabel, bizarrerweise war der Sound direkt unter (!) den Lautsprecherboxen in den ersten Reihen am besten.

Abgestraft wurden die Zuschauer auf den „billigen“ Plätzen schließlich durch den Verzicht auf Videowände – auch dies ist bei einem Konzert dieser Größenordnung eigentlich unzumutbar. Alles blöd also? Mitnichten! Wie die glücklicherweise genesene Marie Fredriksson, Per Gessle und die kleine Begleitband ihren Auftritt konzeptionierten, war nämlich sehr überzeugend.