Konzert in Stuttgart Festivalstimmung: So war’s beim Lumpenpack im Beethovensaal

Das Lumpenpack feiert das Ende ihrer Tour in Stuttgart. Foto: Lichtgut/Christoph Schmidt

Von der kleinen Poetry-Slam-Bühne zum ausverkauften Beethovensaal in der Stuttgarter Liederhalle. Das einstige Duo Lumpenpack macht jetzt Punk mit einer fünfköpfigen Band, ein bisschen Kölschen Karneval und sorgt für ausgelassene Festivalstimmung – alles mit eindeutiger politischer Botschaft. Kritik und Setlist vom Konzert am Sonntagabend.

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Wer die Band ein paar Jahre aus den Augen verloren hat, dürfte überrascht sein. Das einstige Singer-Songwriter-Duo mit akustischer Gitarre und zweistimmigem Gesang hat sich vor etwa vier Jahren Unterstützung geholt. Die mittlerweile fünfköpfige Band um die beiden Gründungsmitglieder Jonas Frömming (Gesang) und Maximilian Kennel (Gesang und Gitarre) ist jetzt sehr laut und hat eindeutige Botschaften. Die Ansagen sind politisch – gegen Rechts.

 

Obwohl sich die zum Teil in Stuttgart lebenden Musiker selbst ungern in eine Schublade stecken lassen, wird das Lumpenpack mittlerweile häufig als Punkband bezeichnet. Dass ihnen dabei Die Ärzte ein Vorbild sind, ist kein Geheimnis. Zur Einstimmung läuft aus den Lautsprechern „Schrei nach Liebe“ der deutschen Punkrocker. Bei Songs wie „Kopf zu groß“ („Der Kopf zu groß, die Welt zu schwer und alles nervt ...“) ist der Einfluss deutlich zu hören.

Die Songs des neuen Lumpenpacks knüpfen häufig an ihre Wurzeln an. Die Spielfreude von Frömming und Kennel spürt man in jedem Song – die beiden kommen vom Poetry Slam und waren darin sehr erfolgreich. 2013 erschien ihr erstes Album „Steil-geh-LP“. Bis heute sind ihre Texte gespickt mit Humor. Sie sind sehr genaue Menschen-Beobachter und machen sich Sorgen um den politischen Rechtsruck in der Welt.

Unwahrscheinlich, dass sich überhaupt AfD-Wähler im Publikum aufhielten. Diese waren jedoch auch ausdrücklich nicht erwünscht. Die Tour wurde zudem begleitet von der Initiative „Kein Bock auf Nazis“, die auch von Bands wie Die Toten Hosen, Die Ärzte, Deichkind und anderen unterstützt wird.

Das textsichere Publikum zeigt, dass es die beiden letzten Alben „Nie wieder W.A.C.H“ und „Wach“ kennt. Obwohl eine kurze Handzeichen-Umfrage während des Konzertes ergab, dass erstaunlich viele Besucher zum ersten Mal beim Lumpenpack waren. Die Altersspanne reicht von mitgebrachten Kindern bis zu Rentnern, die es sich auf der Empore gemütlich gemacht haben.

„Du spielst nicht so gut Gitarre und singst eher mittel?“

Mutmaßlich kommt es den meisten der etwa 3000 Besucher nicht in erster Linie auf die musikalische Qualität an. So stellt Sänger Jonas Frömming auch die Band mit einer gewissen Selbstironie vor. Die drei Musiker um Jason Bartsch (Gitarre, Keyboard) müssten ihr Niveau immer deutlich herunterschrauben, wenn sie mit dem Lumpenpack aufträten. Im Onlineshop preisen sie ihr Songbuch folgendermaßen an: „Du spielst nicht so gut Gitarre und singst eher mittel? Dann haben wir das perfekte Songbuch für dich.“ Doch dabei ist auch einige Koketterie. So schlecht ist die musikalische Leistung an dem Abend ganz sicher nicht. Kraftvoll ist das Schlagzeugspiel der aus Mannheim stammenden Musikerin Alexandra Eckert. Das Herzstück eines jeden Songs ist noch immer der oft zweistimmige Gesang der beiden Frontmänner.

Was fehlt, ist vielleicht eine Entscheidung, wohin die musikalische Reise des Lumpenpacks führen soll. Sie bedienen zur Halbzeit des Konzertes mit einer kleiner Einlage, als Duo mitten im Publikum, die Fans der ersten Stunde mit einem einzigen Song: „Silvester“. Sie leiten von der großen Bühne aus mehrere Moshpits an, lassen das Publikum im Kreis tanzen und fordern die Fans erstaunlich erfolgreich zum Crowdsurfen in Richtung Bühne auf.

Die meisten Songs sind laut, die Texte sind klug, manche Ansagen ein bisschen zu lang. Ein erklärtes Ziel hat die Band weitgehend erreicht, das Publikum sollte während des gut zweistündigen Konzertes mal loslassen und alles Schlimme dieser Welt vergessen. Im Beethovensaal herrschte in der Tat eine ausgelassene Festivalstimmung. Spätestens bei „Hauch mich mal an“ – dem letzten Song des Abends und dem Ende der rund zweieinhalbwöchigen Tour durch Deutschland – kommt mit dem Lumpenpack auch noch Kölsche Karnevalsstimmung auf. Alles tanzt. Die Bude bebt.

Setlist vom Konzert im Beethovensaal

-Clubs dieser Stadt

-Ford Fiesta

-Alles geht vorbei

-HausKindBaum

-Warm im Altenheim

-Kopf zu groß

-Ich liebe meine Wut

-Kann es sein, dass du dumm bist?

-Universum

-Liebe Grüße

-Silvester

-Unverträglichkeiten

-Immer noch drauf

-Songs von Echt

-Sabine R.

-Mark

-Frieden durch Lärm

-Kruppstahl, Baby

-Einfache Gefühle

-Die Nacht

-WZF?! 2.4

-Mein Hass

-Hauch mich mal an

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