Konzert in Stuttgart Schnörkelloser Heavy-Rock: So war’s bei Thundermother
Die Donnermütter aus Schweden werden im Wizemann von den Fans gefeiert. Das Rezept? Hart muss es sein, aber ohne Spielfreude nützt auch die allerhärteste Härte nichts.
Die Donnermütter aus Schweden werden im Wizemann von den Fans gefeiert. Das Rezept? Hart muss es sein, aber ohne Spielfreude nützt auch die allerhärteste Härte nichts.
Gleich mit dem ersten Song von ihrem aktuellen Album „Dirty and Divine“ stellen Thundermother klar, was das Publikum am Mittwochabend im Stuttgarter Wizemann in den nächsten anderthalb Stunden erwarten darf – und was die Hardrock-Band sich von den Fans erhofft: Tuchfühlung. „Can you feel it?, it’s Rock n’ Roll, do you feel it? Come on and get a little closer.“
Und die Denim-und-Leder-Fraktion in der zu etwa zwei Dritteln gefüllten Halle folgt dieser Einladung, lässt sich von der Spielfreude der vier Schwedinnen abholen. Stilistisch im Heavyrock der 70er und 80er Jahre verwurzelt, bieten die Musikerinnen exakt das, was Metal-Herzen höher schlagen lässt. Harte Riffs, ein wummernder Bass, eine Drummerin mit Punch, dazu die genretypische Attitüde, wehende Mähnen und Gitarreschwenken, die Metalhand zum Pommesgruß gereckt.
Dieser klassische Mix ohne Schnörkel funktioniert. Solider Schwedenstahl, rostfrei, jenes Material, aus dem die alten, eckigen Volvos gebaut sind, die einen nie im Stich lassen. Das wussten auch die Scorpions, bei denen Thundermother im Vorprogramm im Mai 2023 in der Stuttgarter Schleyer-Halle auftraten.
Sichtlich Spaß haben diese Donnermütter bei der Arbeit. Was freilich nicht immer so war. Vor knapp zwei Jahren stellte die Bandgründerin Filippa Nässil der damaligen Sängerin Guernica Mancini den Stuhl vor die Tür, nachdem sich beide in die Wolle kriegten. Zwei weitere Musikerinnen sagten in der Folge der Band von sich aus Adieu, was ein Personalkarussell in Gang setzte. Schnee von gestern, und von schlechter Stimmung an diesem Abend keine Spur. Mancinis Nachfolgerin Linnéa Vikström wagt nach einer Stunde einen Ausflug von der Bühne, geht in Richtung Mischpult und sucht mit dem Mikro in der Hand das Bad in der Menge. Die lässt die Nähe zu.
Geballte Frauenpower füllt den Raum, selbst wenn das Auditorium im Wizemann männlich dominiert ist. Den Auftakt machen Vulvarine. Auf die Wiener All-Female-Band folgen Cobra Spell aus den Niederlanden. Und last but not least eben Thundermother. Alles Mädels beziehungsweise Mütter, vom „Quotenmann“ Sebastian „Spyder“ Silva an der Gitarre von Cobra Spell einmal abgesehen.
Dabei hat die Kategorie Geschlecht in der Männerdomäne Heavy-Rock/Metal dank Pionierinnen wie den Runaways und Girlschool in den 70er und 80er Jahren an Bedeutung verloren – analog zur Entwicklung im Fußball. Ein harter Schuss respektive ein Schuss Härte schadet selten, doch in erster Linie kommt es auf die Spielfreude an. Und die war bei diesem Konzert definitiv vorhanden.